Originaltitel: THE LONE RANGER

USA 2013, 149 min
FSK 12
Verleih: Disney

Genre: Western, Komödie, Action

Darsteller: Johnny Depp, Armie Hammer, Ruth Wilson, Tom Wilkinson, Helena Bonham Carter

Regie: Gore Verbinski

Kinostart: 08.08.13

11 Bewertungen

Lone Ranger

Wild-West-Blockbuster und der Lauf der Zeit

Es war einmal ein Groschenheft-Roman, der erfreute sich einiger Beliebtheit. Weshalb man aus ihm (wir befinden uns in der guten alten Zeit übersichtlicher Medienangebote) bald eine Serie von Radio-Hörspielshows zimmerte. Auch die war ein Erfolg, und so wurde aus ihr wenig später (die Zeiten waren inzwischen etwas schlechter geworden, die Medienangebote hatten zugenommen) eine TV-Serie. Auch die ein Erfolgshit und zwar derartig, daß es die zwei Serien-Helden zum popkulturellen Mythos brachten.

Davon nun entstanden in den amerikanischen 40er und 50er Jahren ja einige. Viele sind immer noch im grellen Spot des Bewußtseins, Superman etwa. Andere wiederum verweilen abseits im Halbvergessen. So wie Indianer Tonto und sein Freund John Reid. Ein geisterhafter Krieger mit eigentümlichen Gewohnheiten und zerfledderter Krähe als Kopfschmuck und ein edler Weißer mit noch weißerem Stetson und schwarzer Augenmaske. Beide: Wild-West-Helden unter dem Label „The Lone Ranger“ im Kampf gegen das Böse. Ja, in den alten Zeiten funktionierte so was prima.

Und heute? Höhnt hämisch die Medienwelt: Bombast-Produzent Jerry Bruckheimers XXL-Kino-Reanimation LONE RANGER hat 250 Millionen gekostet und an den US-Kassen bisher nur 80 Millionen eingespielt. Ein Flop! Trotz Johnny Depp (Tonto), trotz Regisseur Gore Verbinski (FLUCH DER KARIBIK). Und trotz einigem Schauwert. Denn ja: Dieser Film macht Spaß. Okay: Er ist zu lang. Und Johnny, man weiß es nicht: War er die richtige Wahl? Aber ganz ohne Zweifel: Verbinskis große Pferdeoper mit Fantasy-Prise ist unter all den drögen Action-Blockbustern dieser Wochen (WORLD WAR Z, WHITE HOUSE DOWN, MAN OF STEEL ... man könnte das lange fortsetzen) der einzige, der nicht nach dem üblich stupiden Schema abspult.

Wovor ja schon der Western-Atem bewahrt, mit dem hier der Staub des ewig Gleichen weggepustet wird. LONE RANGER schwelgt in Panoramen, punktet mit Liebe zum Detail und zahllosen Griffen in die Zitatenkiste. Die Action hat Drive und Witz, und für ein Popcorn-Spektakel riskiert der Film sogar erstaunlich ernste Blicke, etwa den auf den Völkermord an den Indianern.

Und er hat den Mut für ein Schlußbild reiner Melancholie, wenn Tonto, einsam und alt, sich in der Kulisse des Death Valley verliert. Einem den Rücken kehrend zurück ins Halbvergessen, den Mythos, wandert. Man selbst muß hierbleiben. Mit zahllosen Medienangeboten, hämischen Kritikern und Superman.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.