D 2014, 93 min
FSK 12
Verleih: Wild Bunch

Genre: Tragikomödie, Liebe

Darsteller: Meret Becker, Florian David Fitz, Alina Levshin, Thomas Heinze

Regie: Vanessa Jopp

Kinostart: 11.09.14

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Lügen und andere Wahrheiten

Vom Tupfen und Kleistern

Sie haben alle einen an der Waffel. Und ’ne Leiche im Keller noch dazu. Andi, der Yogalehrer, sabbelt von Wahrhaftigkeit, läßt beim Sex den Schlübber an, spart sich seit sieben Jahren den Orgasmus auf – als Zeichen der Reinlichkeit. Aber zulangen kann er schon. Patti malt großformatige Vaginabilder, auf denen wenig feinfühlige Kunstkenner Hitler nach ’ner Fahrradkettenpanne erkennen, sie treibt’s heimlich mit Andi und sabotiert den geplanten Bund von Coco und dem blanken Makler Carlos, der im Puff kurz vor der Eheschließung die Kreditkarte singen ließ.

Und dann wäre noch Cocos Mitarbeiterin Vera, die erpreßt wird von ihrem Bruder, da der Vater angeblich schwerstkrank in der russischen Heimat auf deutsches Geld wartet. Herzlos schmeißt Coco die junge Zahnarzthelferin in der Probezeit auf die Straße, und bei ihrer Nachbarin Cindy überhört sie überdeutlichen Suizidalarm.

Keine Frage, das ist schon ’ne Menge Stoff, doch Vanessa Jopp hat diese Introduktion vom Kätzchensuchen und Päckchentragen mit feinem Witz und behutsamer Tragik geschrieben. Das Fragespiel „Wer ist der/die/das Richtige für mich?“ taugt als Überbau, um sein Glück zu finden. Es zu halten, ist schon schwieriger, braucht es doch oft Ausflüchte, Ideen, Rücksicht und Vorausschau, bis irgendwann eben oft nur noch Lügen greifen. So weit bleibt Jopp durchaus glaubwürdig – die erste halbe Stunde lang. Dann aber tritt der Film plötzlich auf der Stelle, der sanfte Humor schwindet, Lebenskrisen werden zu Behauptungen, die Figuren zu farblosen und sympathiefreien Charakteren. Das Leichte, das so charmant Angetupfte weicht einem schweren Pinselstrich, der schon mal zur Moralkleisterei wird. Jopp selbst hat doch in VERGISS AMERIKA überzeugend von der Flüchtigkeit des Glücks erzählt, aber eben nicht derart überdeutlich. Was improvisiert, ergo authentisch, wirken soll, raschelt papieren, und zum Schluß dreht dann auch noch der tapsige Erklärbär torkelnd seine Runden.

Was schade ist, denn Jopps Film hat Momente, keine Frage, und der Grundgedanke ist ein (lebens-)kluger: Kontrolle, Eifersucht und Mißtrauen führen ganz oft zur Lüge. Konfidenz ist das Pfund, mit dem in Beziehungen zu wuchern ist. Und schweigen, wenn es nichts zu erklären gilt. Und wenn es schließlich zur Hochzeit regnet, ist das eigentlich schon mal ein guter Anfang. Hätte Coco wissen müssen ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.