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Mein Freund aus Faro

Bin ich jetzt lesbisch?

Man muß kein Experte für feministisch geprägte Gender-Diskurse sein; es reicht ein halbwegs aufgeklärtes Grundverständnis, um diesen Film ärgerlich und seltsam bieder zu finden. Ist das Anliegen, eine Coming-of-Age- mit einer Coming-Out-Geschichte zu verweben und diese für ein jugendliches Publikum zu inszenieren, sicher lobenswert und immer noch wichtig, da sich seltsame Vorstellungen über jede Form sexueller Andersartigkeit hartnäckig halten. Doch Nana Neul hat sich in ihrem Langfilmdebüt leider entschieden, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Will heißen, sie erfüllt mit jeder Szene genau das, was man von ihrem Ausgangssetting erwartet. Dazu kommen hölzerne Dialoge und Figuren, denen es an echtem Leben jenseits des Drehbuchs fehlt - was eher an der Inszenierung als am schauspielerischen Können der Darsteller liegt.

Da haben wir zunächst Mel, die sich wie ein Junge kleidet und bewegt. Auf einem nächtlichen Streifzug laufen ihr Jenny und Bianca vor das Auto. Die beiden sind der Inbegriff spätpubertierender Mädchen und per Anhalter unterwegs in die Disco. Inspiriert von einer Postkarte von Faro, die in ihrem alten BMW hängt, gibt sich Mel als Miguel aus. Ein Anfänger-Sprachkurs und ein bißchen Pesoa reichen, um sich neu zu erfinden und Jenny hinlänglich zu beeindrucken. Mel ist verliebt. In ein Mädchen. Ihr Vater und ihr Bruder brennen darauf, ihre neue Liebe kennenzulernen. Keiner der beiden scheint bemerkt zu haben, daß sie eventuell gar nichts von Jungs wissen will. Papa schleppt sogar Reizwäsche als Geschenk an.

Um die Erwartungen ihrer Familie nicht zu enttäuschen, bucht sich Mel für die nächste Grillparty einen Freund - ihren Kollegen Nuno aus der Großküche. Der ist übrigens echter Portugiese. Eine Handvoll an den Haaren herbeigezogener Mißverständnisse später - der echte Portugiese wird der Unzucht mit Minderjährigen bezichtigt - ist es dann so weit, daß Mel Jenny ihre Liebe gesteht. Allerdings weiß diese immer noch nichts von Miguels Geheimnis. Zudem ist sie mit dem prolligen Bernd zusammen, dem der sensible Miguel natürlich suspekt ist. Trotzdem kommt es zu ersten sexuellen Annäherungen.

Und schließlich zum großen Geständnis. Jenny ist geschockt. Ist sie jetzt lesbisch? Der Mob reagiert mit körperlicher Gewalt und die Familie mit Sprachlosigkeit. So weit, so wenig überraschend. Und das Ganze untermalt vom nicht zu knappen Einsatz dudeliger Film-Fahrstuhlmusik ...

D 2008, 87 min
Verleih: Alpenrepublik

Genre: Drama, Erwachsenwerden, Schwul-Lesbisch

Darsteller: njorka Strechel, Lucie Hollmann, Manuel Cortez, Florian Panzner, Tilo Prueckner

Regie: Nana Neul

Kinostart: 11.12.08

[ Susanne Schulz ]