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Mein Freund Knerten

Ich sehe was, was du nicht siehst

Der kleine Lillebror zieht mit seinem älteren Bruder Phillip und den Eltern von der Stadt aufs Land, in ein romantisches altes Holzhaus. Etwas zu alt vielleicht, wie der knurrige alte Schreiner sofort bemerkt, und was sich auch prompt bestätigt, als Lillebror bei seiner Entdeckungstour im Haus durch die morsche Holzdecke plumpst. Ist aber nichts passiert, viel schlimmer für Lillebror sind die fehlenden Spielkameraden. Das ändert sich, als er seinem Vater beim Bäume schneiden zusieht, und ihm im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterem Himmel ein Stück Holz in die Hände fällt, das wie ein kleines Männchen aussieht und sogar zu sprechen beginnt.

Es ist ein Hohelied auf die kindliche Phantasie, was die norwegische Kinderbuchautorin Anne-Catharina Vestly in den 60er Jahren geschrieben hat. Im Charme dieser Zeit kommt auch der Film daher, in dieser wunderschön blaßbunten Kleidung, den Frisuren und den etwas spießigen Sitten. Da können ein Minirock und bunte Strumpfhosen schon mal für große Aufregung sorgen. Wenn Lillebror mit seinem neuen Freund, dem Holzmännchen, die verrücktesten Abenteuer erlebt, werden Erinnerungen wach an eine andere Heldin aus dem Norden, Pippi Langstrumpf. Da werden aus umgefallenen Bäumen Rauch schnaubende Drachen. Oder Knerten muß aus den Fängen zweier Mädchen befreit werden, die ihm ein Kleidchen überziehen und in den Kinderwagen verfrachten, wo er von der erwachenden Puppe geküßt wird. Von alldem bekommen die Erwachsenen natürlich nichts mit. Die sind mit Geld verdienen beschäftigt, was für den Vater als Frauenunterwäsche verkaufenden Mann gar nicht so einfach ist. Da sind die hehren Vorsätze, niemals aufzugeben, auch mal schnell vergessen, und der Traum vom Haus droht zu zerplatzen.

Natürlich geht am Ende dann doch alles gut aus, wie sich das für einen ordentlichen Kinderfilm gehört. Und MEIN FREUND KNERTEN ist wohl der beste, den es seit langem im Kino zu sehen gab. Denn anders als die Hollywoodproduktionen, die nur noch als Kinderfilm getarnte Zeichentrickfilme für Erwachsene sind, ist er wirklich für Kinder gemacht. Und genau das sollte der Grund für uns Große sein, ihn zu sehen. Denn wie heißt es so schön in dem Grönemeyer-Lied: „Gebt den Kindern das Kommando, sie berechnen nicht, was sie tun, die Welt gehört in Kinderhände, dem Trübsinn ein Ende, wir werden in Grund und Boden gelacht, Kinder an die Macht!“

Originaltitel: KNERTEN

Norwegen 2009, 73 min
FSK 0
Verleih: Polyband

Genre: Kinderfilm, Poesie

Darsteller: Adrian Gronnevik Smith, Pernille Sorensen

Regie: Asleik Engmark

Kinostart: 30.06.11

[ Marcel Ahrenholz ] Marcel mag Filme, die sich nicht blind an Regeln halten und mit Leidenschaft zum Medium hergestellt werden. Zu seinen großen Helden zählen deshalb vor allem Ingmar Bergman, Andrej Tarkowskij, Michelangelo Antonioni, Claude Sautet, Krzysztof Kieslowski, Alain Resnais. Aber auch Bela Tarr, Theo Angelopoulos, Darren Aronofsky, Francois Ozon, Jim Jarmusch, Christopher Nolan, Jonathan Glazer, Jane Campion, Gus van Sant und A.G. Innaritu. Und, er findet Chaplin genauso gut wie Keaton ...