Originaltitel: MY SWEET PEPPER LAND

F/D/Irak 2013, 100 min
FSK 12
Verleih: REM

Genre: Western, Drama

Darsteller: Golshifteh Farahani, Korkmaz Arslan, Suat Usta

Regie: Hiner Saleem

Kinostart: 27.03.14

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My Sweet Pepper Land

12 Uhr mittags im Bermudadreieck

Nach dem Sturz Saddam Husseins hat der ehemalige Freiheitskämpfer Baran keinen Auftrag mehr, kehrt zurück in sein Dorf, wird aber von Mamas Kuppelversuchen alsbald wieder vertrieben und heuert als Polizeichef im Grenzland zwischen Iran, Irak und der Türkei an. Ein „Bermudadreieck“ benannter Ort erwartet ihn, gerade mal zwei Telefone existieren, Medikamente werden unter der Hand verkauft, Schmuggel steht auf der Tagesordnung.

Hierher flüchtet auch Govend vor der Zwangsvermählung, um den wenigen Kindern Bildung beizubringen. Der kernige Mann mit den Husky-Augen und die schöne Lehrerin – was sollte da nicht passen? Nun, ein echtes Problem stellt Aziz Aga dar, Kriegsgewinnler und allmächtiger Obermotz. Er teilt Barans Auffassung bezüglich Recht und Ordnung natürlich gar nicht – der Mann soll sterben ...

Was sich selbst im Genre des (modernen) Western verortet, geht tatsächlich von klassischen Zutaten aus. Hier die uneingeschränkt Guten, dort der maßlos Böse, ein in Nahaufnahme rauchender Held, breitkrempige Hüte, Fortbewegung zu Pferd, immer wieder angesprochene Fragen der Ehre: Man kennt es, liebt’s vielleicht sogar. Und doch findet die Handlung einen eigenen Weg, eröffnet neue Blicke. Zum Beispiel auf die karge Schönheit jener Einöde – verkommen sind hier nicht Landschaft oder ruinöse Architektur, sondern das Moralempfinden der dort gestrandeten Menschen. Frauen leben gefährlich, Übergriffe drohen, dazu beschmutzt Govends Unabhängigkeit ihre Familie, außerdem das fragile Gleichgewicht, bald kommt kein Schüler mehr, die Patriarchen verbieten es.

Dennoch inszeniert Regisseur Hiner Saleem aller Dramatik trotzend auch leicht, manchmal nahezu humorvoll – was allerdings nicht den ins Mark fahrend zynischen Beginn meint, welcher eine wegen schlechter Vorbereitung komplett aus dem Ruder laufende Hinrichtung zeigt, schon richtig weh tut. Nein, erheiternd sind versteckte Anspielungen oder unerwartet auftauchende Komikfasern, etwa dann, wenn ein kleiner Junge seine ureigene Auffassung darüber vertritt, was die Summe aus 1 + 1 ergibt.

Ängste vor inszenatorischer Verwässerung wären dennoch unbegründet, Saleem spannt die Erzählungsfäden jederzeit straff, bis am Ende – wie es dem Western geziemt – das Duell steht. Stylish bebildert und moralisch aufgeheizt: Wurde Baran schließlich zum Opfer des Bermudadreiecks? Man darf diskutieren.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...