Originaltitel: SUTAK

Kirgistan 2015, 81 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Darsteller: Taalaikan Abazova, Tabyldy Aktanov

Regie: Mirlan Abdykalykov

Kinostart: 14.04.16

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Nomaden des Himmels

Von Alten und Jungen

In einem abgeschiedenen Bergtal Kirgistans lebt eine Nomadenfamilie autark und entsprechend der althergebrachten Traditionen mit ihrer Pferdeherde. Von den Bedürfnissen und Abhängigkeiten des modernen Lebens scheinen diese Menschen weitgehend unberührt. Drei Generationen teilen sich eine Jurte: der sanfte Großvater Tabyldy, die pessimistische Großmutter Karachach, die stolze Schwiegertochter Shaiyr und ihre kleine Tochter Umsunai. Der Vater des Mädchens ertrank vor Jahren im reißenden Fluß. Dieser Verlust schmerzt die Familie noch immer. Der Großvater erzählt seiner Enkelin zum Trost eine alte Legende, nach der ein tapferer Jäger sich im Moment des Todes in einen Raubvogel verwandelt habe und fortan in dieser Gestalt über seine Familie wache.

Doch selbst das abgelegene Tal bleibt von der Moderne nicht unberührt. Der Metereologe Ermek baut seine Meßstation dort auf. Zwischen ihm und Shaiyr entspinnt sich eine stille Zuneigung, die von der Großmutter mit Sorge wahrgenommen wird. Was würde aus ihnen, wenn die Schwiegertochter plötzlich ein Leben in der Zivilisation suchte? Und auch der geliebte Enkelsohn Ulan, der in der Stadt studiert, zeigt wenig Neigung, zur traditionellen Lebensweise seiner Vorfahren zurückzukehren. Dann tauchen auch noch Baumaschinen in den Bergen auf, was Großvater Tabyldy mit Entsetzen erfüllt.

Dem jungen Regisseur Mirlan Abdykalykov gelingt es in seinem Spielfilmdebüt NOMADEN DES HIMMELS, in großartigen Bildern die Ambivalenz von traditioneller und moderner Lebensweise aufzuzeigen, ohne die eine Seite zu idealisieren und die andere zu verteufeln. Es ist nicht so, als sei das Leben der Nomaden nur eitel Sonnenschein. Zwar ist es schön und für unsere Augen sehr faszinierend, aber es ist auch hart. Außerdem sind die Menschen nicht immer glücklich in ihrem engen Familiengefüge. Dieser Konflikt wird besonders an Shaiyr deutlich. Die noch junge Frau scheint bei ihrer Familie zum ewigen Witwendasein verdammt. Gleichzeitig liebt sie das freie Leben in den Bergen. Auf dem Rücken ihres Pferdes in dieser majestätischen Natur strahlt Shaiyr eine beeindruckende Lebensfreude und Selbstsicherheit aus. Sie ist eins mit sich und ihrer Umgebung.

Die Frage, ob es eine Zukunft für die Lebensweise der Nomaden geben kann und wie diese aussehen könnte, läßt der Film klugerweise offen. Es besteht jedoch kein Zweifel, daß es ein großer Verlust wäre, wenn diese Menschen und ihre Art, die Welt zu sehen, verschwänden.

[ Dörthe Gromes ]