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Schattenwelt

Der Terrorist und das Mädchen

Neun Jahre hat es gebraucht, bis der Film finanziert wurde. Und wenn man ihn jetzt sieht, ahnt man auch warum. Valerie war noch ein Kind, als sie miterleben mußte, wie ihr Vater ermordet wurde. Erschossen, weil er, angestellt als Gärtner beim Bankpräsidenten von Seichfeld, einfach im falschen Moment am falschen Ort war. Damals, vor 22 Jahren, als drei RAF-Terroristen von Seichfeld entführen wollten. Einer der Terroristen, Volker Widmer, wird jetzt aus der Haft entlassen. Ein Tag, auf den Valerie ihr ganzes kaputtes Leben lang wartete. Bald schon steht sie Widmer gegenüber, stellt sich als Nachbarin vor. Bald schon ist der Mann gefangen in einem von Valerie feingesponnenen Netz aus Lügen, Suggestionen und Gewalt. Es entspinnt sich ein Psychokrieg, den keiner gewinnen kann.

Es ist zu fürchten, daß jetzt, da DER BAADER MEINHOF KOMPLEX das Thema RAF ausgiebig und lautstark zu Klump geschossen hat, sich für Connie Walthers SCHATTENWELT nicht wirklich so viel Publikum findet, wie der Film es verdient. Auch weil Produzent Bernd Eichinger seine Baader-Meinhof-Hochglanz-Räuberpistole, die solide unterhaltend, aber kaum erhellend die Tage des RAF-Terrors abspulte, mit einer so lästig aufdringlichen Medienkampagne unterfütterte, daß einem jetzt schon die bloßen Buchstaben R-A-F Sodbrennen bereiten. Deshalb sei hier zu den durchaus vorhandenen, wenn auch kleinen Schwächen, die SCHATTENWELT hat, einfach einmal nichts gesagt. Stattdessen ist der Film jedem empfohlen, der tatsächlich etwas über die Mentalitätsstruktur der Täter, das Leid der Opfer und die manchmal perfide verwischenden Grenzen zwischen den Einen und den Anderen erfahren möchte.

Denn was Connie Walthers Film bietet, ist eine Innenschau in Form einer Versuchsanordnung. Das Zusammentreffen von Opfer und Täter als kluge, geschickte Inszenierung mit Psychothriller-Anleihen. Das bewegt sich, ähnlich wie Walthers Film 12 HEISST: ICH LIEBE DICH (Stasi-Gefangene und Stasi-Offizier verlieben sich ineinander) auf dünnem Eis. Und daß mit Peter-Jürgen Boock ein ehemaliges RAF-Mitglied am Drehbuch zu SCHATTENWELT mitschrieb, wird sicher noch für wohlfeil moralische Empörungsrufe sorgen. Gut, sich dann an die Worte eines italienischen Journalisten zu erinnern, der über SCHATTENWELT schrieb: „Wenn in Italien ein Ex-Terrorist zu einem so schönen Film beitragen würde, wäre das ein historisches Datum.”

D 2008, 92 min
FSK 12
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama, Krimi

Darsteller: Franziska Petri, Ulrich Noethen, Tatja Seibt, Uwe Kockisch, Eva Mattes

Regie: Connie Walther

Kinostart: 25.06.09

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.