Originaltitel: SENECA – ON THE CREATION OF EARTHQUAKES

D/Marokko 2023, 112 min
FSK 16
Verleih: Weltkino

Genre: Drama, Schräg, Satire

Darsteller: John Malkovich, Geraldine Chaplin

Regie: Robert Schwentke

Kinostart: 23.03.23

1 Bewertung

Seneca

Blutgesättigt und wortreich

Lucius Annaeus Seneca war Dramendichter, Staatsmann und Stoiker. Ein recht luxusverliebter und machtbewußter Stoiker. Und einer mit fataler Neigung zur Selbstüberschätzung. Zumindest in der Hinsicht, als daß Seneca als Lehrer des Nero glaubte, den jungen Kaiser erst erziehen, dann manipulieren zu können. Was eine Zeitlang sogar halbwegs funktionierte, letztlich aber gründlich schiefging. Im Jahr 65 befahl das despotische Ziehkind dem stoischen Ziehvater den Selbstmord. Seneca wußte, dass er zu gehorchen hatte.

Ist schon interessant, welcher Art von Filmen sich Regisseur Robert Schwentke widmet, wenn er mal nicht in Hollywood blockbustert. Als würde er sich reinwaschen wollen von den Zwängen des Mainstream-Kinos, stürzt er sich auf ambitionierte, historisierend moralphilosophische Sujets. Die dann die letzten Tage des Weltkriegs (DER HAUPTMANN) ebenso aufbereiten wie jetzt die letzten Stunden Senecas: als böse, blutige Groteske. „Nichts, was mir widerfährt, werde ich je mit düsterer Miene aufnehmen“, sagt da stoisch in SENECA der Seneca. Und zelebriert dann seinen Abgang als Theaterstück ganz in seinem Geiste. Also blutgesättigt und wortreich. Und mit einer Prise verächtlichen Humors.

Den John Malkovich als Seneca angemessen auskostet in dieser insgesamt interessant besetzten, ästhetisch reizvoll modernistischen Garstigkeit. Kino als Theater der Grausamkeit. Doch, hat was! Inklusive einer etwas nervigen Neigung zu didaktisch-gesellschaftskritischen Aktualitätsverweisen. Ist aber mit etwas Stoizismus zu verkraften.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.