1 Bewertung

Sex in Brno

Gewitzter Beischlaf-Report in Schwarzweiß

Eine Nacht, ein Mehrfamilienhaus, ein erstes und ein letztes Mal, dazwischen mehrere xte Versuche. Die Rede ist von Sex - sozusagen an einem ungewöhnlichen Ort, in der immerhin zweitgrößten Stadt Tschechiens. Daß Regisseur Morávek und Autor/Hauptdarsteller Budar ihren etwas anderen Beischlaf-Report ausgerechnet hier ansiedelten, ist der erste gelungene Witz dieses Films.

In altmeisterlichem Schwarzweiß, verspielt und verrückt wird vor allem das schräge Deflorationsmärchen von Standa und Olinka erzählt. Er, ein schlotternder Spargeltarzan, extra angereist aus dem Städtchen Bruntál. Sie, ein wandelnder Überbiß aus Brno. Beide (mindestens) sehr sonderbar und fest entschlossen, ihre Unschuld aneinander zu verlieren. Für Standas diesbezügliche Vorbildung sorgten ein Kondom, ein Hörnchen, ein Buch und der Bruder, der zur Sicherheit mitgekommen ist. Olinkas Beraterinnen, die sich nicht einigen können, ob man zum ersten Mal lieber Schnitzel oder was Leichteres serviert, hocken gespannt in der Wohnung obendrüber. Mama liegt ausgeknockt (Schlaftabletten) in der Speisekammer - es kann losgehen!

Um den verschreckten Romeo und seine unbeholfene Julia dreht sich ein irres Karussell aus weiteren Paaren: ein Schwuler und sein bester Freund, ein Masochist mit Hund, eine Psychologin und ihr verheirateter Liebhaber Herr Norbacher. Letzterer wäre lieber in Prag, am Theater. Statt dessen ist er nur lokaler Fernsehstar (auch nicht schlecht!) in der Serie "Berühre nicht den Ofen.", die zum Beispiel davon handelt, daß man sich Glühbirnen nicht in den Mund stecken sollte (Aha!).

Ideen dieser Art, im Übermaß vorhanden, verschränkt und umeinander gezwirbelt in teils virtuosen Schnittpartituren - man muß sie lieben. Wenn sich auch, zugegeben, irgendwann ein gewisses Völlegefühl einstellt. Aber die Maßlosigkeit macht zuallererst Spaß und zeigt, welch unglaubliche, melancholisch getönte Farbenpracht sich mit Schwarz und Weiß erzeugen läßt.

Hier hören die Bilder aufs Wort, hier lauern hinter jeder Tür neue Überraschungen und Details, darunter auch die in allen Szenerien verstreuten Filmplakate. BEING JOHN MALKOVICH über dem Lotterbett der Psychologin, was sonst?

Originaltitel: NUDA V BRNE

Tschechien 2003, 103 min
FSK 12
Verleih: Ventura

Genre: Komödie, Schräg, Literaturverfilmung

Darsteller: Katerina Holánová, Jan Budar, Martin Pechlát, Miroslav Donutil

Stab:
Regie: Vladimír Morávek
Drehbuch: Jan Budar, Vladimir Morávek

Kinostart: 03.02.05

[ Sylvia Görke ]