Originaltitel: GÆSTERNE

DK 2022, 98 min
FSK 16
Verleih: Plaion

Genre: Psycho, Thriller

Darsteller: Morten Burian, Sidsel Siem Koch, Fedja van Huêt, Karina Smulders

Regie: Christian Tafdrup

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Speak No Evil

Immer in Mode: mordlustige Spiele

Wenn Sympathica und Sympathicus urlauben, kann die Abendgestaltung vorsehen, sich intern zwar über die Monothematik Mitreisender zu mokieren, während des Tischgesprächs jedoch voll scheininteressiert zu lauschen. Louise und Bjørn heißt das so oder so reizende Pärchen, welches Bande zu zwei anderen Touristen knüpft, später deren Einladung ins einsam gelegene Häuschen annimmt – und Grenzwertiges erduldet.

Da muß die Tochter auf dem Boden schlafen, ein Abend auswärts entwickelt Bumerangcharakter, Vegetarierin Louise soll Fleisch verkosten, bevor Gastgeber Patrick sie zur Pescetarierin korrigiert und als bigott hinstellt. Oder entlarvt? Krampfig lächelnde Hinnahme folgt, man beißt kauend die Zähne zusammen, erträgt jeden Stich. Erst mit Stecknadeln, daraus werden Zahnstocher, schließlich Steakmesser. Trügerisch schöne, aus Licht und Farbe komponierte Bildsinfonien umrahmen zunehmend unangenehme Stimmungstiefs, dazu dräuen gewitterige Soundtrackwolken und begibt sich Bjørn, bisher konturlos fließend allseits bestens angepaßt, nun eben unter Patricks Ägide, pfeift auf Korrektheit, torpediert selbst Louises teils verständliche, teils verknöcherte Moral. Was vielleicht sinnige Dispute garantierte, befände man sich nicht in Psychopathenhand.

Der Regisseur nennt die Moritat, ganz klassisch, einen Horrorfilm, und wie’s das Genre gern tut, spiegelt er seine Entstehungszeit. Kommentiert grimmig eine verängstigte Welt, die alles übergenau richtig machen will, an Regeln schier erstickt, in der Wortkonstrukte nerven, Psychologie-Begriffe für alltägliche Banalitäten herhalten, wo Helikoptermütter ihren Eislaufkolleginnen total getriggert von Red Flags im Verhalten toxischer Typen erzählen, aber sonst den Mund bloß zum Essen und Nölen aufkriegen. Nicht nur angesichts solch’ nachtschwarzen satirischen Hintergrundgrinsens erinnert vieles hier an Michael Hanekes Immer-noch-Gipfel-der-Verstörung FUNNY GAMES, ohne indes letztlich dessen Radikalität, Eskalation, darstellerische Intensität (Susanne Lothar!) zu erreichen, obwohl man beim Abspann vergleichbar verstört zurückbleibt.

Final wird FUNNY von EVIL allerdings tatsächlich in den eiskalten Schatten gestellt; namentlich durch die einst schon menschenhöllisch krasse, jetzt wegen wahrlich unglaublicher Konsequenz nachhaltig schockierender Antwort auf die Frage nach dem „Warum?“ …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...