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Versailles

Der Preis der Gesellschaft

Der Name Versailles löst Assoziationen an höfischen Glanz, Menschen in weißen Perücken und prächtige Parkanlagen aus, an Obdachlose denkt man dabei nicht. Und doch leben in den Wäldern rund um das berühmte Schloß Menschen, die aus der Mehrheitsgesellschaft hinausgefallen sind. Diesen Fakt greift Pierre Schoeller in seinem bereits 2008 gedrehten Debütfilm VERSAILLES auf und macht ihn zum Ausgangspunkt seiner Geschichte: Als die junge obdachlose Nina mit ihrem kleinen Sohn Enzo auf der Suche nach der Busstation in diesen Wäldern umherirrt, trifft sie auf den charismatischen Außenseiter Damien, der dort ein zwar entbehrungsreiches, aber selbstbestimmtes Leben führt. Nach einer gemeinsam verbrachten Nacht verschwindet Nina im Morgengrauen und läßt ihr geliebtes Kind bei Damien zurück. Eine verzweifelte Entscheidung, doch die Kraft, die sie braucht, um sich ein neues Leben aufbauen zu können, reicht nur für sie allein.

Der unfreiwillige Vater ist über seine neue Rolle nicht glücklich, aber nach einigem Hadern übernimmt er Verantwortung für den mutterlosen Jungen. Der Winter naht, und so bringt Damien für Enzo das größtmögliche Opfer: eine Rückkehr ins bürgerliche Leben. Als Nina schließlich in den Wald zurückkommt, um Enzo zu holen, findet sie die beiden nicht mehr ...

VERSAILLES ist ein Film über die zunehmende soziale Kälte der Gesellschaft und den Preis, der denjenigen abverlangt wird, die nicht ins Raster passen. Schoeller gibt seiner Geschichte mehrmals unerwartete Wendungen und läßt eine gewisse erzählerische Unschärfe zu, ohne daß der Film dadurch unstimmig wirken würde. Das liegt vor allem auch an den grandiosen Schauspielern, die ihren Figuren eine innere Glaubwürdigkeit und Eindringlichkeit verleihen, der man sich nicht entziehen kann.

Der junge Max Baissette als Enzo ist zweifelsohne eine Entdeckung. Judith Chemla verkörpert intensiv Ninas Zerrissenheit und Verzweiflung, die sie dazu bringt, ihr Kind zu verlassen. Und Guillaume Depardieu besticht als Damien mit einer wunderbar nuancierten Ausdrucksweise und einer starken physischen Präsenz. VERSAILLES ist einer seiner letzten Filme, kurze Zeit nach den Dreharbeiten verstarb er tragisch.

Originaltitel: VERSAILLES

F 2008, 113 min
Verleih: Kairos

Genre: Drama

Darsteller: Guillaume Depardieu, Judith Chemla, Max Baissette

Regie: Pierre Schoeller

Kinostart: 25.11.10

[ Dörthe Gromes ]