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Wasser und Seife

Der Duft von Hamburg

Nicht nur in Polen wird für viel zu wenig Geld gewaschen – wie es uns nämlich Hans-Christian Schmid im Dokumentarfilm DIE WUNDERBARE WELT DER WASCHKRAFT zeigte. Sondern auch in Hamburg, mitten in einem wohlhabenden Viertel. Doch hier liegt es nicht an der Profitgier des Besitzers, der mit seinen Angestellten, meist alleinstehende, ältere Frauen, quasi in einem Boot sitzt. Man könnte auch meinen in einer Waschmaschine, so sehr zischt und dampft es und schwitzen die Angestellten in diesem etwas eng geratenen mittelständischen Betrieb, der bald aus allen Nähten zu platzen droht und Tag für Tag notdürftig geflickt wird.

Drei dieser tapferen Wäscherinnen porträtiert der Film, am Arbeitsplatz, aber vor allem zu Hause in ihren eigenen vier Wänden. Das erinnert ein wenig an DER GLANZ VON BERLIN. Ging es dort um die Namenlosen der Gesellschaft, die in letzter Instanz für die Sauberkeit in der Stadt verantwortlich sind, sorgen die hiesigen Protagonistinnen dafür, daß die Hemden und Tücher weiß sind, wenn sie von der Wäscherei abgeholt werden. Helden der Arbeit und des sehr bescheidenen häuslichen Glücks.

Daß sich Monika mit den 150 Euro, die ihr nach Abzug von Miete, Strom und Telefon monatlich zum Leben bleiben, noch für Mittelstand hält, und daß sie, auf die Rente zugehend, meint, sie sei „bisher“ mit ihrem Leben ganz zufrieden, offenbart nicht nur Bescheidenheit, sondern auch einen Optimismus, der so manchem Politiker gerade ganz gut täte. Sie hofft vor allem, daß sie ihrem altersschwachen Terrier Bunny zum 12. Geburtstag noch ein neues Halsband kaufen kann, bevor er stirbt. Bis dahin zieht sie ihn noch in einem Einkaufstäschchen hinter sich her durch die Stadt.

Liebevoll berichtet der Film in mehreren Episoden von Chancen in unserer globalisierten Gesellschaft, die für viele von Beginn an sehr eingeschränkt sind. Geht es zunächst stark um das Arbeitsklima und die Hektik im Betrieb, offenbaren sich ganz allmählich auch die persönlichen Lebensumstände und Schicksale der charismatischen Frauen. Die murren nicht und tun ihre Arbeit, auf die der Begriff „ehrlich“ wie die Faust aufs Auge paßt. Höchstens geben sie im schönsten Hamburgerisch, das sie allesamt beherrschen, einen lautstarken Kommentar ab wie: „Eine Hektik heute, das ist ja pervers“ oder pfeifen still: „Ich war noch niemals in New York.“ Respekt vor diesem Lebensmut.

D 2008, 85 min
Verleih: Eigenverleih

Genre: Dokumentation

Regie: Susan Gluth

Kinostart: 28.05.09

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...