Originaltitel: I WANNA DANCE WITH SOMEBODY

USA 2022, 145 min
FSK 12
Verleih: Sony

Genre: Biographie, Musik

Darsteller: Naomi Ackie, Stanley Tucci, Ashton Sanders, Tamara Tunie, Nafessa Williams

Regie: Kasi Lemmons

Kinostart: 22.12.22

1 Bewertung

Whitney Houston: I Wanna Dance With Somebody

She Will Always Love Her

Wie nähert man sich einer Ikone? Einem grandiosen Talent, einer unerreichten Rekordhalterin, zudem einer verdammt Unglücklichen, einer darob zu früh Verstorbenen? Nun, auf hektische Bewegungen verzichtend, nie frontal, mit genug Watte zum Einpacken, strahlendem Heiligenschein – möchte man meinen. Indes inszeniert Regisseurin Kasi Lemmons jene Ausnahmekünstlerinnenbiographie weniger hagiographisch als befürchtet. Dafür strikt nach Plan. Und emotional sehr, sehr vorsichtig.

Sie beginnt, logisch, vor dem göttinnengleichen Namen: Whitney Elizabeth Houston haucht im Background ihrer berühmten Mutter Cissy ein paar „Ah“, „Oh“ und „Uh“, träumt sich derweil selbst auf die Bühne und wird von der natürlich alles besser wissenden Mama ziemlich getriezt. Letztere verliert nach einem Zoff temporär die schöne Stimme, Tochter springt ein, im Saal sitzt Plattenboß Clive Davis, welchem Stanley Tucci milde Quasi-Onkel-Ehren verleiht; zugewandt, manchmal sympathisch tüttelig, stets grundgütig. Und realistisch? Tja, der Mann hat den Film co-produziert … Jedenfalls keine mimische Herausforderung für unseren Nebenrollenkönig, was wiederum recht gut zu Naomi Ackie paßt, deren Whitney Elizabeth (Zeit für den zweiten Vornamen muß hier noch sein) eher zur kichernden Naiven taugt, Lebenskluges inbegriffen: „Ein großer Song ist ein großer Song.“

Jetzt folgt eine legendäre Karriere, Lemmons hangelt sich durch weltbekannte Stücke, minutiös kopierte – Verzeihung, ein falscher Fingerdreh, Korrektur! – nachgestellte Auftritte und Clips, komplett ausgespielt, woraus allein sich die üppigen zweieinhalb Stunden Länge erklären. Denn Karrierestationen haben immer, wirklich unbedingt, absoluten Vorrang vor privaten Haltepunkten, Fehlgeburt oder Anfeindungen bleiben Randnotizen, halt mal knapp erwähnt. Gern inklusive einer neuen Perücke auf Ackies Kopf, die „Ich verändere mich und dabei zuerst meine Frisur“-Show Must Go On. Darin Houstons Diva-Gehabe, das Verzickte: In Gottes Namen, ja, wir erwähnen’s, aber nur äußerst dezent, okay?! Und sollte sie dann doch einem gestandenen Mann ein arrogant-frustriertes „Schätzchen“ nachrufen, breitet Lemmons sicher direkt danach zwecks entschuldigender Erklärung ihre übergriffig schützenden Arme aus: „Ich bin erschöpft. Alle schwarzen Frauen sind erschöpft.“ Ob wohl Houstons erste, verbotene und ewige Liebe Robyn Crawford an ähnlicher Müdigkeit litt? Zumindest erklärte dies, weshalb sie sich nach rasendem Eifersuchtsanfall, dem einiges Interieur zum Opfer fällt, verblüffend spontan und völlig bauchschmerzfrei damit arrangiert, breitflächig als „beste Freundin“ vorgestellt zu werden.

So protokolliert Lemmons meistenteils Aufstieg und schließlich etwas fremdverschuldeten (Bobby Brown, Houstons Vater) Fall des Megastars. Wenn sich irgendwann eher unmotiviert Badewannen ins Bild schieben, wechselt sie gar zur Chronistin eines angekündigten Todes, ohne trotzdem je ihren Fokus verrutschen zu lassen: unablässige Imitation, richtig viel Musik. Das tut zwar kaum jemandem ausnehmend gut (außer vielleicht monetär gesehen den über 30 Produzenten), allerdings auch niemandem weh, es hätte schlimmer kommen können. Wir schauen da relativ ängstlich auf das annoncierte Madonna-Biopic und seine fest angedrohten Entstehungsumstände: „Unter der Regie von Madonna!“

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...