Noch keine Bewertung

Wie Feuer und Flamme

Bitter-realistische Liebes- und Leidensgeschichte

Nele lebt im Westen der Stadt. Luftlinie vom Milkaland bis zu Punksänger Captain im Osten - ein paar hundert Meter vielleicht. Tatsächliche Entfernung: Stasi, Stacheldraht, Mauer, Kalter Krieg. Als Neles Oma stirbt, fährt sie zur Beerdigung in den Ostteil Berlins und macht beim Schlendern durch den doch nicht ganz so grauen Alltag die Bekanntschaft mit Captain, der mit seiner Punkkombo illegale Konzerte gibt.

Bei Nele funkt es sofort, sie muß den stachelhaarigen Jungen wiedersehen. Auch Captain hat es voll erwischt. Nele reist immer öfter ein, macht deutschdemokratische Zwangsrituale wie den obligatorischen 25-Westmark-Umtausch und die gestrenge Grenzmusterung bärbeißiger Schutzwall-Lakaien mit. Auf den Konzerten singt Captain provokante Lieder, die Stasi summt natürlich auch hier verdeckt mit. Nele schmuggelt ein Video der Band, das im ZDF ausgestrahlt werden soll, über die innerstädtische Grenze. Die Herren im Ledermantel bekommen Wind von der Sache: erste Vorladung von Captain, Beschattungen im Umfeld, Durchsuchungen bis hin zur Festnahme von Nele. Sie wird in den Westen zurückgeschickt. Wiedereinreise unerwünscht! Als sie erfährt, daß ihr Freund im Gefängnis sitzt, schmuggelt sie sich auf einem Kahn voller Müll, der im Osten für die Brüder und Schwestern aus dem Westen gegen Bares entsorgt wird, unentdeckt bis zur Polizeiwache vor. Nele kämpft. Doch die DDR ist stärker. Als das verzweifelte Mädchen bei Captains linientreuen Eltern anruft, erfährt sie, daß er nicht mehr am Leben ist. Nele kämpft wieder. Nach der Wende besucht sie noch einmal Ostberlin. Und trifft Captain...

Connie Walther erzählt diese wunderbare Liebes- und Leidensgeschichte mit dem nötigen Ernst und ohne nostalgische Verklärung im Rückblick. Ihre bitter-realistische Darstellung des naiven und dennoch so wirkungsvollen Protests läßt einem teilweise das Herz stocken. Sie schildert die Suche nach einem Ausweg als existentiellen Kampf der Jungen, die für die Saubermänner der Mielke-Zentrale allenfalls subversives Pack waren. Auch wenn Captain in der neuen Zeit irgendwie zurechtkommt, die Pein in so entscheidenden Jahren hat ihn verändert. Die Wut ist stillgelegt. Er ist nicht voller Haß und Rache, aber vernarbt.

D 2001, 94 min
Verleih: X Verleih

Genre: Erwachsenwerden, Drama, Polit

Darsteller: Antonio Wannek, Anna Bertheau, Tim Sander

Regie: Connie Walther

Kinostart: 14.06.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.