Bild: DER PASSFÄLSCHER

22. Filmkunstmesse

19.09.–23.09.2022

Passage, Schauburg

www.filmkunstmesse.de

Zurück in die Zukunft

Ein Blick auf die 22. Filmkunstmesse

Wenn Felix Bruder, Geschäftsführer der AG Kino – Gilde e.V., auf der Pressekonferenz „nichts revolutionär Neues“ ankündigte, sollte man das nicht negativ sehen. Eher geht es der Filmkunstmesse nach reichlich zwei Jahren Pandemie darum, den Rückweg zur Normalität zu ebnen. Das Publikum ist aufgerufen, sich – anders als leider derzeit – nicht länger quasi auf wenige ausgewählte Knaller zu einigen und dabei höchst Spannendes komplett aus der Wahrnehmung rutschen zu lassen. Dazu dauert die Filmflut an, beengen aus weltpolitischen Gründen enger geschnallte Gürtel, Kinos müssen umdenken und Vorstöße wagen, aus Herausforderungen Chancen destillieren.

Die Branche wird in Panels und Seminaren heiß diskutieren, Ideen sammeln und bestenfalls Veränderungen ankurbeln. Derweil präsentiert sich das öffentliche Programm stark verschlankt – bewußt, wie Kuratorin Hendrike Bake informiert. In Absprache mit Passage und Schauburg sei es das Ziel gewesen, statt Masse eine „interessante, originelle und schaffbare“ Auswahl anzubieten, „übersichtlich, aber wirklich toll!“

Tatsächlich scheint genau das gelungen: In der Passage eröffnet MEHR DENN JE und zeigt Vicky Krieps an der Seite des viel zu früh verstorbenen Gaspard Ulliel um Halt und Sinn ringend. Die Schauburg bietet parallel VERLORENE ILLUSIONEN, eine star- und preisüberhäufte Balzac-Adaption, hier tummeln sich beispielsweise Cécile de France, Xavier Dolan und Gérard Depardieu. Freunde schräger Gangart genießen diesmal indes nicht nur das bewährte Midnight Special, sondern ein Triple zur späten Stunde. Ob hemmungslose männliche Dummheit (SIBIRISCH FÜR ANFÄNGER), ein nachtschwarze Charakterabgründe ans Licht zerrender Tod im Friseurmilieu (MEDUSA DELUXE) oder mangelnde Aufmerksamkeit, die zum Einwurf aus dem Verkehr gezogener Pillen und nachfolgendem Aufstieg zum Medienereignis führt (SICK OF MYSELF): das Stichwort heißt stets Eskalation. Total, radikal, abnormal.

Bei etwa einem Drittel des Ausgewählten hielten weibliche Hände das Regiezepter, es bewegt sich was. Darüber kann man Emily Atef und Sophie Linnenbaum selbst befragen, auch Schauspielerinnen sind vor Ort, darunter Nina Gummich. Sie stellt Maggie Perens Beitrag DER PASSFÄLSCHER vor, die Geschichte eines jungen Juden, anno 1942 sein titelgebendes Talent nutzend, um zahlreichen Leidensgenossen zur Flucht zu verhelfen.

Wir möchten da schließlich nochmals appellieren: Zurück in die Zukunft – gemeinsam!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...