Originaltitel: A FÁBRICA DE NADA

Portugal 2017, 177 min
Verleih: Grandfilm

Genre: Drama

Darsteller: José Smith Vargas, Carla Galvão, Rui Vivo

Regie: Pedro Pinho

Kinostart: 18.10.18

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A fábrica de nada

Tanz aus der Krise

Eine altertümliche Aufzugfabrik in Lissabon steht mitten in der Wirtschaftskrise vor dem Aus. Über Nacht werden Maschinen mit unbekanntem Ziel abtransportiert, die Geschäftsleitung spricht der Belegschaft gegenüber euphemistisch von „Anpassungen“, doch die Arbeiter wissen genau, daß damit nichts anderes als Entlassungen gemeint sind. In Einzelverhandlungen versucht man, sie mittels einer mehr oder weniger hohen Entschädigungszahlung loszuwerden. Aber so leicht machen es die Angestellten den Bossen nicht, sie besetzen spontan die Fabrik. Von nun an wird hitzig und scheinbar endlos diskutiert: Soll man streiken oder doch lieber die Abfindung nehmen? Wer zahlt die Rechnungen am Ende des Monats? Wie könnte eine selbstverwaltete Fabrik funktionieren? Und wie bändigt man das Monster des Kapitalismus?

Alle Darsteller sind Laien, denen die im Film dargestellte Situation aus ihrem eigenen Leben vertraut ist. Man spürt es an der Leidenschaftlichkeit ihrer Diskussionen: Hier sitzt ein wirklicher Schmerz. Das sorgt zusammen mit den dokumentarisch-spröden Bildern für ein Höchstmaß an Authentizität. 

A FÁBRICA DE NADA vom jungen Regisseur Pedro Pinho nach Motiven des Stückes „Die Nichtsfabrik“ von Judith Herzberg ist ein Bericht aus der im Westen immer mehr verschwindenden Welt der Produktion und des Proletariats. Voller Trotz und formalem Wagemut stemmt er sich gegen diese Entwicklung. Man muß sich durch seinen Drei-Stunden-Marathon von Film quasi durcharbeiten, genau wie sich die Belegschaft ihre neue Lebenssituation erarbeiten muß.  

Dabei legt Pinho mehrere Realitätsschichten übereinander. Zwischen der eigentlichen Filmhandlung werden im Voice-Over zu Bildern der kargen Stadtrandlandschaften kapitalismuskritische Texte verlesen. Diese Metaebene ist stets präsent und wird von den Akteuren bewußt angesprochen. Etwa flechtet Pinho in die Filmhandlung Interviews mit den Akteuren ein oder zeigt Intellektuelle beim Streitgespräch, die die Situation der Arbeiter mit ihren Theorien zu fassen versuchen. 

Im letzten Drittel bricht plötzlich Leichtigkeit durch die Erdenschwere von Realität und Theorie. Ein paar Straußenvögel auf einer nebligen Wiese im Nirgendwo setzen einen surrealen Kontrapunkt. Und die Arbeiter beginnen in ihrer nichts-produzierenden Fabrik zu spielen, am Ende singen und tanzen sie gar. Neue Horizonte öffnen sich. Die Menschen schöpfen wieder Mut und Hoffnung.

[ Dörthe Gromes ]