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Dichter und Kämpfer

Von unscharfen Grenzen zwischen Nerd und armem Poeten

Man hätte nicht wirklich drauf gewettet, daß sich die Kleinstkunstform des Poetry Slam dann doch über die Jahre hinweg etabliert. Tatsächlich aber tat sie es. Und das deutschlandweit. Nicht, daß mit Poetry Slam groß Geld und Ruhm einzuheimsen wären. Das wissen auch Philipp, Sebastian, Julius und Theresa, allesamt Dichter, Kämpfer und Wortakrobaten, von denen jeder so seine eigene und ganz spezielle Liebe zum Poetry Slam hegt. Und damit auch schon einige Erfahrungen gemacht hat, gar Erfolge verbuchen konnte. Wobei Erfolg relativ ist. Oder, um darauf zurückzukommen: Sie sind jung, brauchen eigentlich das Geld, aber wissen: „Poetry Slam hat wirklich nichts mit Geld verdienen zu tun.“

So sagt es einer der Porträtierten mal an exponierter Stelle in die Kamera. Dabei in seinem kleinen Zimmerchen sitzend, einen Döner mampfend und insgesamt dieses wenig erbauliche Flair, das da etwa die Duftkombination von Knoblauch und alten Socken verbreitet, fast wie eine Weltanschauung vor sich hertragend. Wo der Nerd aufhört und der arme Poet anfängt, ist dabei nicht immer klar konturiert, und daß wiederum mancher hier mit Emphase vorgetragene lyrische Erguß sich sowohl inhaltlich als auch formal kaum besser als eine Büttenrede zum Mainzer Karneval schüttelreimt, sei auch nicht verschwiegen. Und doch: Sympathie und auch Respekt will man den hier Porträtierten nicht absprechen.

Marion Hüttners Dokumentarfilm DICHTER UND KÄMPFER ist der Versuch einer Innenansicht. Die Szene und die Kunstform dargeboten als filmische Skizze. Formal ist die nicht sonderlich, pflegt das solide bis biedere TV-Bebildern. Aber eine Atmosphäre stellt sich dennoch her, ein Teilhaben an der Aufregung vor den Auftritten und der Erschöpfung danach. Die Stimmung im Saal während der Vorträge, nicht selten hochkochend wie bei einem Rockkonzert und oft vor vollbesetzten Publikumssälen.

Schließlich die Vorträge selbst in ihrer jeweils ganz individuellen Art – und natürlich die Reflexionen der Porträtierten. Diesbezüglich das Klügste formuliert Theresa. Auch in dieser Szene lohnt es sich also, tendenziell eher den Frauen zu lauschen. Allein die Gelassenheit, mit der Theresa an die Poetry Slam das Wort „Amateurkunst“ anheftet, spricht für einige Souveränität im Einschätzungsvermögen der eigenen Profession.

D 2012, 90 min
FSK 0
Verleih: MFA

Genre: Dokumentation

Regie: Marion Hütter

Kinostart: 06.09.12

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.