D 2017, 101 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm

Genre: Drama, Erwachsenwerden

Darsteller: Jonas Dassler, Lucie Hollmann, Eva Nürnberg, Marie-Lou Sellem

Regie: Julia Langhof

Kinostart: 12.07.18

Noch keine Bewertung

Lomo

Kommt Post, kommt Rat, kommt Tat

Nun, es ist ein Versuch. Allerdings einer, der wie ein Kino gewordenes Warnschild über jungen Zuschauerinnen und Zuschauern droht. Und sage bitte keiner, dieser fesch anmutende, weil demgemäß aufgemachte Film hätte kein klar definiertes Zielpublikum! Nicht ohne Grund wird den Schulen zu LOMO üppiges Unterrichtsmaterial gereicht, das sich wie ein Leitfaden zum betreuten Sehen liest.

Von Versuch ist dort allerdings keine Rede. Julia Langhofs Debüt wird da schon „den Veränderungen gerecht, die das Internet, Apps und Smartphones in das Leben … bringen.“ Gestützt ist diese Ansage durch die Deutsche Filmbewertungsstelle, die einen „handwerklich glänzend gemachten Film über den Einzug des Virtuellen in den Alltag von Teenagern“ gesehen und mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ geehrt hat. Es ist ein gezielter Vorschuß mit Lorbeeren, der nach hinten losgehen kann.

Denn LOMO begnügt sich mit auffälligem Anriß und dem Beschreiben von Zuständen. Die Regisseurin scheut sich davor, das Lot ein Stück weit tiefer zu hängen. LENA LOVE von Florian Gaag, der in Teilen anmutet wie LOMOs reiferer Zwilling, war 2016 schon mal weiter.

Apropos Zwilling. Anna und Karl sind solche, stehen kurz vor dem Abi, das sie als Sprungbrett zum Auslandsstudium nutzen will, und das er bereits im Ansatz herzhaft verkackt. Denn die klare Sicht auf reale Optionen im anstehenden Leben hat er längst einer Parallelwelt geopfert. Karl ist LOMO ist Blogger. Sein Ätsch in echt wird vom Gehör im Netz ersetzt. Was er postet, wird erwidert, seine Videocollagen werden vielhundertfach gesehen und kommentiert. Einen Plan hat Karl nicht, erst recht nicht, als sein Vater danach fragt.

LOMO erliegt als Leinwandstück zwei Tücken: Im Zeichnen einer nächsten sattgesehenen Vorstadtwelt von betuchten Selbstverwirklichern patscht er mitten hinein in noch jedes Elternklischee. Und im keineswegs weniger klischeereichen Porträt eines 17jährigen und dessen Abschottung, gegen die vielleicht nur die reale Liebe eine echte Chance haben könnte, die hier aber von einer billigen Enttäuschung torpediert wird, gibt es den Griff ins Mystery-Kabinett. Karls Community greift ein und über. Als Stimmengewirr ist sie unablässig hör- und in Schriftsprache sehbar.

Zwei Zustände gebe es im Leben, sagt Karl: Bewußtlosigkeit oder Panik. Da hat er sich mächtig getäuscht.

[ Andreas Körner ]