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Russische Hochzeit

Volkstümelnde Wodka-Seligkeit

Zerplatzte Träume. Die hübsche Tanja kehrte vor Jahren ihrer Heimat, einem kleinen, piefigen Provinznest im wirtschaftlich gebeutelten Rußland, den Rücken. Erfolg war ihre Sucht, also ging sie nach Moskau.

Ihre Karriere als Model lief mittelprächtig, wahlweise in der Horizontalen, und nun kommt das schöne Mädchen nach Hause. Dort wird sie warmherzig aufgenommen, und auch Mischas Gefühle sind noch die gleichen: etwas schüchtern, aber immer noch verliebt, reagiert er entsprechend auf Tanjas Begehren, sie doch zu heiraten. Doch so eine Hochzeit will in Tagen der häufig ausbleibenden Löhne erst einmal bewerkstelligt werden. Mischa arbeitet hart unter Tage und hat trotzdem keine einzige Kopeke. Sein gieriger Vater wacht über des Sohnes Rubel und vereinnahmt das Wenige, um die Hochzeit gebührend auszustatten. Und just am Tag der Feierlichkeit kommt Geld ins Dorf. Wie gewonnen, so zerronnen, denn der naive Mischa vertraut seinem Freund Garkuscha sein Geld an. Der bringt es ohne Verzug in die Dorfkneipe. Der verzweifelte Mischa hat nun noch nicht einmal genügend Geld, um seiner Zukünftigen ein Hochzeitsgeschenk zu machen. Als Garkuscha aus dem Rausch erwacht, hat er eine Lösung parat, eine halbkriminelle allerdings. Und so kommt allerhand Turbulentes ins Rollen, bis dann das Paar endlich per Motorrad mit Beiwagen in den Sonnenuntergang fahren kann...

Nett, beschwingt und unaufdringlich. Mehr leider nicht! Das russische Kino buhlt um westliche Akzeptanz. Da bleiben Subtilität, Glaubhaftigkeit und ein bißchen Würde auf der Strecke. Alles in Häppchen, gerade genug für die gestreßten, unterhaltungssüchtigen Sehgewohnheiten des Klingende-Münze-Auslands. Konflikte werden durch die Wodkaschablone belächelt und gelöst - auch irgendwie respektlos. Und wenn alles gesagt ist oder eben auch nicht, muß die folkloristische Musik herhalten. So ist eben des Vaters größte Sorge, daß der Schnaps nicht ausreicht, und die korrupte Polizei wird gleich mit zur Hochzeit eingeladen, um den Ball schön flach zu halten. Diese pseudokritische Kritzelei über ein Land, welches seit Dekaden vor dem sozialen und wirtschaftlichen Absturz steht, ist eigentlich zu bitter, um wirklich darüber lachen zu können.

Originaltitel: LA NOCE/RUSSKAJA SWADBA

F/Rußland/D 2000, 114 min
Verleih: Ventura

Genre: Komödie

Darsteller: Maria Mironowa, Marat Bascharow

Regie: Pawel Lungin

Kinostart: 17.05.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.