D/F 2025, 100 min
Verleih: DCM

Genre: Drama

Darsteller: Nina Hoss, Saskia Rosendahl, Vincent Macaigne, Thorsten Merten, Christina Große

Regie: Ina Weisse

Kinostart: 19.06.25

Zikaden

Gib mir Halt!

Warum man diesen Film ungeachtet seiner offenbaren Macken anschauen sollte, umreißt ein Name knapp: Nina Hoss. Und das, obwohl Regisseurin Ina Weisse ihrer Hauptdarstellerin, anders als einst bei DAS VORSPIEL, hier gar nicht die ganz große Bühne baut, Hoss deutlich seltener ihr extra dafür geschenkte Charakterlücken füllen darf. Sie mimt Isabell, deren Eltern Pflege brauchen, das generelle Alter und ein Schlaganfall rauben Selbständigkeit. Die Personalsuche: ein rechter Höllenritt. Parallel steht Nachbarin Anja erneut ohne Job da, erzieht Tochter Greta allein. Zwei Eigentlich-Nichtraucherinnen treffen zur gestreßt geteilten Zigarette aufeinander, knüpfen eine folgenreiche Verbindung.

Hoss zur Seite spielt Sakia Rosendahl, ein Doppelpack jederzeit kontrollierten und dennoch unbändigen Talents koexistiert friedlich und konkurrenzgedankenfrei gönnend. Weisse wäre gut beraten gewesen, das Duo schlicht agieren zu lassen, sich auf den vielleicht undankbaren Posten einer Stichwortlieferantin und Beobachterin zurückzuziehen. Aber sie will den thematischen Ton angeben, bringt dabei zu viel unter, wirkt wie durchs Ahnen um irgendeine zukünftige Unmöglichkeit dazu gezwungen, schichtweise Sujet-Ebenen aufzutürmen, von Isabells zerrütteter Ehe (inklusive eines krankheitsbedingt in Windeln rumlaufenden Gatten) entlang Anjas unstetem Sehnen nach einem Halt (plus Greta als potenzierender Faktor) bis zum Kommentar auf weibliche Benachteiligung (darin eingeschlossen Anjas schwächlicher Chef).

Spannend, auch emotional eindringlich wird’s immer dann, wenn Regisseurin Weisse die Autorin Weisse doch bremst, Szenen einladend abbrechen, sich ein Fokus herausbildet, statt Erklärungen Fragen frontal aufs Publikum prallen – zentral jene, ob Isabells Vater eher Despot oder gequälte Seele war und ist. Anja angesichts Auseinandersetzungen, zwischen mutlos und entschlossen schwankend, einfach weggeht. Oder die Isabell umwabernde innerfamiliäre Stille, das Nur-über-Gebrechen-Sprechen für einen flüchtigen Moment, eine kurze Umarmung abgedrängt wird. Bevor solche Innigkeit wieder im hilflosen Nichts eines abgeräumten Tischs verstrudelt. Final preist Isabell Hauskaufinteressenten ein Zimmer an: Der Architekt habe bloß den Rahmen geschaffen, man müsse selbst sehen, was daraus zu machen sei. Ein starker Endpunkt – gilt eben genauso für Lebensräume …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...