Originaltitel: AMAZING GRACE

USA 2018, 89 min
FSK 0
Verleih: Weltkino

Genre: Dokumentation, Musik

Regie: Sydney Pollack, Alan Elliot

Kinostart: 28.11.19

2 Bewertungen

Aretha Franklin: Amazing Grace

Auf die Königin hören!

Es war eine Rückkehr. Von den Gipfeln des Ruhms, den sie da schon in Glorie erreicht hatte, stieg im Jahre des Herrn 1972 Aretha Franklin wieder hinab in jenes fruchtbare Tal, in dem die Ursprünge dieses ihres Ruhms wurzeln. Oder besser: die musikalischen Quellen dessen sprudeln, woraus sich dann die großen Ströme des R&B und des Souls bildeten; Ströme, auf denen Franklin wie eine Königin kreuzte. 1972 also, als Richard Nixon die USA regierte, der Vietnamkrieg ins noch gut drei Jahre währende Enddelirium einzumünden begann, und Sydney Pollack den vielleicht besten Film seiner Karriere drehen sollte (JEREMIAH JOHNSON), stand eben dieser Pollack, gleich einem Evangelisten mit Kamera, in der Missionary Baptist Church in Los Angeles, um dort, unterstützt vom kleinen Technik-Team, die Rück- oder Heimkehr Franklins zu dokumentieren. Denn heim zu ihren Anfängen kehrte die „Königin des Souls.“ Heim in den Schoß der Gemeinde, der Kirche ihres Vaters. Und vor allem: heim zum Gospel, den Franklin hier bei zwei Konzerten mit einer Intensität singt, der man sich bis heute nur schwer entziehen kann.

„Amazig Grace“ heißt das Album, das damals in der Missionary Baptist Church entstand. Ein großes Album, ohne Frage. Was indes den Film angeht, den Pollack während dieser Konzerte im Auftrag der Warner Bros. drehen sollte: Nun ja, es ist ein wenig so, als schlage sich hier das „Du sollst dir kein Bild machen!“-Gebot nieder. Oder zu. Denn erst folgte den Dreharbeiten ein technisches Disaster (Bild und Ton liefen asynchron). Und als die Zeiten herangereift waren, derlei Desaster beheben zu können, verhinderte Franklin höchstselbst eine etwaige Aufführung. Erst nach dem Tod der Sängerin 2018 gaben deren Erben dafür grünes Licht. Und weil Pollack zu diesem Zeitpunkt selbst schon seit zehn Jahren nicht mehr lebte, oblag es Alan Elliot, die ganze Sache zu vollenden. Wobei „vollenden“ Unsinn ist. Denn wir sehen ein Konzert – und die Entstehung eines Konzertfilms, dem es eben nie vergönnt war, zur Vollendung zu gelangen. Was für alle Authentizitäts-Prediger eine große Messe ist (zapplige Kamera, Berserker-Zooms, Bildschärfenprobleme) – und für Fans von Franklin wohl auch.

Und doch: Sieht man jetzt diese nostalgische TV-Doku im Kino, mag man mit nur etwas Empathie auch verstehen, warum darüber die Königin ihr „Bildverbot“ verhängte.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.