D 2011, 90 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Komödie

Darsteller: Sido, B-Tight, Milton Welsh, Claudia Eisinger

Regie: Özgür Yildrim

Kinostart: 29.12.11

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Blutzbrüdaz

Kumpelfilm mit feinem Unterschied

Bei einem Titel wie BLUTZBRÜDAZ kann man normalerweise davon ausgehen, daß er, blöd wie er klingt, parodistisch gemeint ist. Normalerweise. Nun geht es aber im konkreten Fall um eine Geschichte vom harten Pflaster der erbarmungslosesten Großstadt der Welt. Und um zwei Typen, die sich dort ihren Traum erfüllen wollen: es als Rapper bis ganz nach oben zu schaffen. Ohne sich zu verbiegen und anzupassen und als Freunde für immer. Als Blutsbrüder eben. Kann man das, gerade mit Blick auf die hier Pate stehende Aggro-Berlin-Klientel mit ihrer uncool verkniffenen Selbstwahrnehmung als grimmige Burschen vom gesellschaftlichen Rand, (selbst-)ironisch erzählen?

Otis und Eddy heißen zumindest die zwei Helden. Die tummeln sich in den Straßen und einschlägigen Klubs im Berlin des Jahrs 2000. Und sind gar nicht so grimmig dabei. Eher Tagträumer, die bei aller Einfältigkeit und Kiffer-Lethargie doch mit einiger (auch kleinkrimineller) Energie daran gehen, ein angesagter Act der Szene zu werden. Und es dabei tatsächlich schaffen, von einem schmierigen Sony-Plattenproduzenten unter Vertrag genommen zu werden. Der erfordert allerdings zunehmend Verbiegen und Anpassen. Und während Eddy willfährig das Spiel mitspielt, fährt Otis bald den Konfrontationskurs.

Otis nun wird gespielt von Sido, das ist der Rapper, der einst mit bescheuerter Kunstblechmaske und ganz doll bösen Texten sehr medienwirksam das Gutbürgertum verschreckte und die (vornehmlich männlichen) Kinder des selbigen beglückte mit allerlei Sexismus, Homophobie und Dönerbuden-Gangster-Attitüde. Ein echter Spacken also, und doch muß man jetzt der Gerechtigkeit ihren Lauf lassen: BLUTZBRÜDAZ kommt nämlich in der Tat recht (selbst-)ironisch daher. Okay, übertrieben wird es damit nicht, aber gerade mit Blick etwa auf das dümmliche Bushido-Vehikel ZEITEN ÄNDERN DICH manifestiert sich hier bestens der Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig komisch.

Vor allem Sido überrascht mit einer unverkrampften, soliden Schauspielperformance, die die Bad-Guy-Poser-Klischees der Szene gekonnt umschifft oder eben auch mal karikiert. Nicht, daß dabei unter der Regie von Özgür Yildrim (CHIKO) keine Sprachhülsen durch die Dialoge scheppern und Klischeekleister die Szenen kittet. Aber das immerhin mit Gefühl für Timing, einer Prise Lokalkolorit und eben dem, was man nicht erwarten durfte: einem parodistischen, entspannten Augenzwinkern.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.