Originaltitel: LES TRADUCTEURS

F 2020, 105 min
FSK 16
Verleih: Nameless Media

Genre: Thriller

Darsteller: Lambert Wilson, Sidse Babett Knudsen, Anna Maria Sturm, Olga Kurylenko, Riccardo Scamarcio, Alex Lawther, Eduardo Noriega, Frédéric Chau

Regie: Régis Roinsard

Kinostart: 01.06.23

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Das Rätsel

Vom Hacker gehauen

Und schon wieder gilt: diese Franzosen! Nicht nur, daß sie andere Nationen beschämen in der gehobenen Art, wie sie mit Film und Kino umgehen. Nein, sie machen auch noch in der gern deklassierten Welt der Literaturübersetzer eine Ausnahme, weil sie den Fleißigen dieses Berufsstands Mit-Autorenschaft und Urheberrecht über Verkaufsprozente einräumen. In seiner Wirkung auf die Wirklichkeit könnte sich DAS RÄTSEL in der Heimat von Regisseur Régis Roinsard nun von selbst etwas dezimiert haben. Außerhalb des Croissant-Äquators aber wird das Goutieren dieses zackigen Unterhaltungsfilms vor allem in besagter Übersetzergilde einem eitel Fest gleichen. Der große Rest ist dennoch ein-, nicht ausgeladen.

Und noch ein letztes Mal sei die Realität zitiert, denn die Verleger von „Illuminati“-Autor Dan Brown sollen es wirklich gewagt haben, zwölf internationale Übersetzer in einen Bunker einzusperren, auf daß sie ein neues Buch des US-Amerikaners in ihre Landessprache holen. Fette Beute für DAS RÄTSEL, denn auch hier baut die Grundidee auf die Sache mit dem Bunker. Ein windiger Verleger holt Übersetzer aus den neun umsatzstärksten Ländern für den abschließenden Band einer zum Kult gereiften Trilogie zusammen. Der Aufenthaltsort für die kommenden Wochen ist zwar unterirdisch, aber nobel in der Ausstattung. Abgeschottet und bewacht, zudem ohne jegliche Kontaktchance nach draußen, haben die Auserwählten zu arbeiten.

Gerade hat man sich, schon hier, amüsiert festgesehen an diesem Reigen, man lese nur die Besetzungszeilen unten, haut eine SMS dem fadenscheinigen Verlagsmann einen ersten Knüppel auf den Fuß: Romanseiten wurden gehackt. Wie möglich? Wer war’s? Weshalb wirklich? Nur wegen Geld? Zu gleichen Teilen entspinnt sich jetzt eine im Detail fesselnd-abstruse, diebischen Spaß machende und bis zum letzten Bild spannende Gauner- und Kriminalgeschichte, eine Räuberpistole auch, die sich im Hinterkopf noch dazu eine voluminöse Liebeserklärung an die Schreibenden und natürlich Übersetzenden, an tapfere Kleinverlage und die Künste an sich gönnt. Bester Satz: „Tja, wenn man den Hunger kennt, wird die Kunst einen nicht füttern.“

Optisch ist das freilich auch eine feine Sache, was nicht wundert, wenn man einpreist, daß von Roinsard MADEMOISELLE POPULAIRE und WARTEN AUF BOJANGLES stammen.

[ Andreas Körner ]