D 2016, 106 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm

Genre: Drama

Darsteller: Andreas Döhler, Jessica Schwarz, Katrin Pillott, Heiko Pinkowski

Regie: Florian Eichinger

Kinostart: 08.12.16

1 Bewertung

Die Hände meiner Mutter

Mißbrauch im Kinderzimmer

Florian Eichinger setzt mit diesem Film den Schlußpunkt zu seiner Trilogie, in der er sich mit familiärer Gewalt auseinandersetzt, und beschäftigt sich dieses Mal mit sexuellen Übergriffen gegenüber Kindern. Ein brisantes Thema, sind doch in Deutschland laut Statistik mindestens ein bis zwei Kinder pro Schulklasse betroffen.

Es ist in diesem Fall die Mutter, die Markus als Kind und Jugendlichen zu sexuellen Handlungen nötigte. Auf einer Familienfeier kommt plötzlich die Erinnerung zurück. Die Wucht der verdrängten Vergangenheit stellt alles in Frage: Markus’ Beziehung zu seiner Frau Monika, das Verhältnis zu seinem 4jährigen Sohn Adam, die gesamte Familienstruktur. Denn langsam entflicht sich eine Verstrickung sämtlicher Familienmitglieder auch über die Generationen hinweg – der Mißbrauch als prägendes Tabu und vererbtes Familiengeheimnis. 

Eichinger greift zu dramaturgisch zwiespältigen Mitteln, um die Erinnerungssequenzen von Markus zu inszenieren. Als Erwachsener in Kinderpose durchlebt er nochmals, was seine Mutter mit ihm praktizierte. Folgt man Andreas Döhlers Spiel als erwachsener Mann und vor allem Sohn mit intensiver Anteilnahme, arbeitet er sich doch glaubhaft ab an der unterkühlten Fassade der Mutter und dem im Inneren entfachten Haß, werfen einen die Erwachsener-spielt-kleiner-Junge-Szenen aus dieser Emotion.

Auch gelingt es dem Regisseur oft nicht, die alles einhüllende Sprachlosigkeit darzustellen. Lieber läßt er seine Darsteller nichtige Dialoge aufsagen, die füllen sollen, was nicht zu sagen ist. Aber ist es nicht die größte Kunst des Schauspiels, ohne Worte viel zu sagen oder ebenso redegewandt zu schweigen? 

So ist Eichingers Film für den Zuschauer nicht nur wie intendiert von der Tragweite des Inhalts her ein Wechselbad der Gefühle, sondern schwankt auch rein qualitativ von Sequenz zu Sequenz. Es hat auch mit jener speziellen Chemie zu tun, die einige schauspielerische Beziehungen eben nicht finden, wo es offensichtlich nicht „funkt.“ Entdeckenswert bleiben Momente wie diese, die zwischen Markus und seiner Psychologin entstehen, die das Leid greifbar machen, den Schmerz zeigen, der sich Bahn bricht. Die das Potential offenlegen, das an anderer Stelle leider verspielt wurde.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...