Originaltitel: GRETEL & HANSEL

Kanada/Irland/USA/Südafrika 2020, 87 min
FSK 16
Verleih: Capelight

Genre: Horror, Märchen, Erwachsenwerden

Darsteller: Sophia Lillis, Samuel Leakey, Alice Krige

Regie: Oz Perkins

Kinostart: 09.07.20

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Gretel & Hänsel

… verliefen sich nicht nur im Wald

Man kennt ja das Geschwisterpaar, welches in Notwehr eine auf kannibalische Kost setzende Seniorin um die Ecke bringt, und bei Ansicht der beiden mörderischen Frauenfiguren „Hexe“ und „Mutter“ kommt einem die Story schon märchenklischiert-misogyn vor. Jetzt erneut auf den Titel geschielt und eine kleine, wichtige Änderung wahrgenommen!

Tatsächlich beschützt hier Gretel mit modischer Kurzhaarfrisur und Hut ihren Bruder, muß sich gegen geplant übergriffige Schmierlappen wehren, nicht bloß ausgelatschte Waldwege verlassen. Das Ganze übergießt schwerer Samt audiovisueller Großtaten, an deren dunkler Schönheit sich weder Auge noch Ohr jemals wirklich sättigen wollen. Er entrollt den blutroten Teppich ins Selbstbestimmungsabenteuerland, wo Licht und Schatten zu hypnotischen Klängen tanzen, der Eintritt indes mehr als den Verstand kosten kann. Weil dort Holda wohnt, eine getriebene Seele voller geheimnisumwitterter Schuld.

Die nun vermag Alice Krige trotz Genre-Erfahrung nur dezent monströs zu gestalten, zu wenig Spielfutter reichen Drehbuch und Regie, eine ältere Dame ohne Make-up, schwarz gewandet und passend befingert, soll meistenteils dem Horror genügen. Wie alle anderen zeigt sie darin künstlerisch wertvolle Ruhe, oft wird betont langsam geschritten, etwas gereicht, sich Bedrohungen zugedreht; ein weiterer Grund, weshalb das Grauen nomineller Natur bleibt.

Memorabel aber doch ein Moment ultimativer Wahrheit: Den Ratschlag „You Would Do Well To Limit The Number Of Words That Come Out Of Your Mouth!“ hätte das zusätzlich jede Spannung rausquatschende Skript gern selbst annehmen sollen …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...