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Heirate mich

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Wie nah darf die Kamera ihr dokumentiertes Objekt ins Visier nehmen, welcher Mittel darf sich ein Filmemacher bedienen, um Befindlichkeiten seiner Figuren bloßzulegen? Angesichts der neuen Dokumentation von Jeanette Eggert und Uli Gaulke eine mehr als berechtigte Frage.

Mit der Zigarette im Mundwinkel hält Erik aus Hamburg um die Hand von Gladis aus Havanna an. Das dämmrige Szenario in einer kubanischen Spelunke ist ein wenig romantischer Moment für das Publikum, um die angehenden Eheleute kennenzulernen. Doch es gibt einen klaren Vorgeschmack auf das nun folgende Kaleidoskop einer Beziehung.

Die Ehe, dieser Bund fürs Leben, ist ein Schritt ins Ungewisse, den man Hand in Hand geht. Eine mutige Entscheidung für das "Miteinander" und letztendlich auch der Weg in die eine oder andere Form des Alltags. Doch nur die wenigsten Paare werden bei all den gemeinsamen Etappen von einer Kamera verfolgt und teilen selbst in Momenten des Unglücks mit Zuschauern.

Trotz des dokumentarischen Charakters entfaltet HEIRATE MICH eine nahezu kalkuliert anmutende Dramaturgie von Fortschritten (in einem Zigarrenladen erlebt Gladis einen schönen Moment) und Rückschritten - im Moment der großen Krise kündigt sich ein neues Kind an. Zwischen den Fronten wankt unsicher Gladis’ 8jähriger Sohn Omarito, ringt um Aufmerksamkeit. Die voyeuristische Position des Zuschauers löst sich spätestens dann auf, wenn Erik und vor allem Gladis die Kamera als Machtmittel in ihren Zwistigkeiten benutzen. Es bleibt offen, ob diese Eigendynamik von den Machern erwartet wurde, sie macht auf jeden Fall das Ergebnis aufregender. Die prägnante Untermalung mit kubanischem Hip-Hop von den "Orishas" gibt dem Schauplatz Hamburg multikulturellen Touch, potenziert den Zusammenprall zweier Kulturen und Charaktere.

So ist HEIRATE MICH mit Sicherheit das einzigartige Porträt zweier Menschen, die vielleicht füreinander geschaffen sind, aber nicht unbedingt für die Ehe. Ein lohnenswertes Experiment für Macher und Beobachter.

D 2002, 105 min
Verleih: Flying Moon/Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Regie: Uli Gaulke, Jeanette Eggert

Kinostart: 28.08.03

[ Roman Klink ]