Originaltitel: ARRÊTE AVEC TES MENSONGES

F 2023, 99 min
FSK 12
Verleih: 24 Bilder

Genre: Drama, Literaturverfilmung, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Guillaume de Tonquédec, Victor Belmondo, Guilaine Londez

Regie: Olivier Peyon

Kinostart: 23.11.23

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Hör auf zu lügen

Der alte Schmerz

Fürchtet sich der Autor vor seiner eigenen Wahrheit? Was verschweigt, was schreibt er zwischen die Zeilen, um die Last alltäglich quälender Gedanken zu mildern? Olivier Peyon nähert sich in HÖR AUF ZU LÜGEN dem Thema des Autobiographischen und arbeitet sich zu einer Reihe von Bekenntnissen vor. Seine Schriftstellerfigur Stéphane ist gerade in die frühere Heimat zurückgekehrt, wo ihn ein junger Mann, Lucas, mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Lucas’ toter Vater war die verflossene Jugendliebe von Stéphane, deren stürmische Zeiten noch einmal auf der Leinwand vorbeiziehen.

Peyons Romanadaption taucht dabei mit wenig Reibungsfläche in die Biographie ihres Protagonisten ein. Emotionen will sie herauskitzeln, und wenn das bedeutet, konventionellstes Dramenkino zu inszenieren. Ihre Bewegungen führen gerade von nah aufgenommenen Gesichtern hinaus in die Natur, um dann zum nächsten Dialog mit sentimentaler Musik überzuleiten. Das sind ästhetische Formeln eines gewöhnlichen TV-Melodrams. Ihre Formverdrossenheit gebietet Skepsis, sofern man sich vom Gefühlstaumel der durchaus faszinierenden Hauptdarsteller, Guillaume de Tonquédec und Jean-Paul Belmondos Enkelsohn Victor, nicht längst hat überwältigen lassen. Ihr Schmerz gipfelt zumindest in ergreifenden letzten Minuten. Jener Schmerz des Verlusts, der verleugneten und gesellschaftlich stigmatisierten Gefühle, der ersten Liebe, die einmal war und nicht mehr ist und sich doch in jede Faser des trauernden Körpers eingeschrieben hat.

Die kleinen Gesten, mit denen hier über Generationen hinweg eine Verarbeitung und geteilte Offenbarung all dessen vollzogen wird, wissen ans Herz zu gehen.

[ Janick Nolting ]