Originaltitel: EFTER BRYLLUPPET

DK/S 2006, 119 min
Verleih: Universum

Genre: Drama

Darsteller: Mads Mikkelsen, Sidse Babett Knudsen, Stine Fischer Christensen

Stab:
Regie: Susanne Bier
Drehbuch: Anders Thomas Jensen

Kinostart: 01.02.07

1 Bewertung

Nach der Hochzeit

Skandinavische Familiensachen

Seit ein paar Jahren schwimmt die Regisseurin Susanne Bier auf einer Erfolgswelle - international und daheim in Dänemark sowieso. An der Fröhlichkeit ihrer Filme kann das nicht liegen, denn da ist keine. Was sie vor allem haben, von OPEN HEARTS bis BROTHERS, ist Kraft. Und die schöpft sie immer wieder aus den gewaltigen Zusammenstößen von Gegensätzen.

Auch hier schieben sich emotionale tektonische Platten übereinander: Ein hagerer Weltenbummler, dessen Herz in einem indischen Waisenhaus seßhaft wurde, und ein trinkfestes Unternehmermannsbild, das einer netten Familie und einer noblen Villa vorsteht. In Kopenhagen trifft man zusammen. Jacob hofft auf Geld für seine indischen Straßenkinder. Doch Jorgen, der darauf sitzt, will erst noch seine Adoptivtochter verheiraten. Auf dem Fest treffen alle zusammen - eine ahnungslose Braut, die den leiblichen Vater für tot hielt, ihre erschrockene Mutter, die ihn in Indien verschollen glaubte, und Jacob, der sich um eine leibliche Tochter betrogen sieht. Jorgen, ganz Unternehmer, bereitet derweil einen letzten großen, noch nach dem Tod gültigen Vertragsabschluß vor.

Die Hochzeit löst einen schleichenden Flächenbrand zwischen Vätern, Töchtern und Müttern aus. Dennoch ist da wenig vordergründiges Lodern. Augen in Großaufnahme, bohrende, ausweichende Blicke, beinahe topographische Schnappschüsse von Hautpartien, auf denen sich Härchen aufstellen. Den Stars des skandinavischen Films hat Susanne Bier in ihren gedämpft gestalteten aber um so intensiveren emotionalen Räumen ein Zuhause gegeben. Aber den Hoheitsanspruch der Geschichte verschenkt sie nicht an die bekannten Gesichter.

Die Schule, in der die spröde Tragödin dieses Handwerk gelernt hat, heißt "Dogma". Weil sich aber Angst breit gemacht hat vor dieser mittlerweile geschlossenen Anstalt, in der einem mit der Wirklichkeit vor der Nase herumwackelt wurde, nennen wir sie: Demontagelehrgang für die skandinavische Familienheimeligkeit, wie sie in dänischen Nadelholzbetten lagert oder es sich in Möbelhäusern gemütlich macht. Und trotz der losen Kamera - gewackelt, zurückgezuckt wird dabei nicht.

[ Sylvia Görke ]