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Seom – Die Insel

Am See der blutigen Angelhaken

Hee-Jin, die spröde, nixenhafte Schöne, ist Herrin über eine Handvoll bonbonfarbener Floßhütten auf einem abgelegenen See - Wochenend-Refugium für pokernde, fluchende, Nummern schiebende Großstadtangler. Stumm und stolz schippert Hee-Jin als Mädchen für alles in einem lecken Kahn durch ihre kleine, dunstige Wasserwelt: Sie bringt die Kunden zu den Flößen und Huren zu den Kunden. Sie fängt und häutet Krebse, sie beißt Würmer an und zieht sie auf Haken. Sie schrubbt die Floßplanken. Sie verkauft Kaffee, Köder, ihren Körper. Und beobachtet mit zunehmender Neugier diesen stillen, geheimnisvollen Neuankömmling, der sich mit Kanarienvogel, Angel und Pistole auf der gelben Hütte in der Seemitte eingemietet hat, um zu sterben.

THE ISLE von Kim Ki-duk ist eine auf den Punkt inszenierte, aquariumskühle Versuchsanordnung über Liebe und Schmerz, Sex und Tod, ein Kammerspiel auf schwankendem, trügerischem Grund. Einer von diesen asiatischen Film-Tranquilizern aus Gewalt und Poesie in märchenhaften Aquarelltönen. Doch das Märchenheil bleibt außen vor. Eine Wurmaufspießerin und Gelegenheitsprostituierte, die keine kleine Seejungfrau, ein Fremder, der kein Prinz in Seenot, ein See, der kein weites Meer ist, auf dem man in den Horizont flüchten könnte. Was soll nur daraus werden? Ein kruder Liebesfilm über das Verhaken und Verheddern und Zusammenuntergehn zweier Einsamer. Aber immerhin: ein Liebesfilm. Na klar, sie kriegen sich. Sie werden sich beschweigen und belauern, füreinander morden und sich zum Beweis ihrer Liebe Angelhaken in die Leiber treiben und mit der Kombizange wieder rausfitzen. Kurz hält die Kamera dabei auf zwei blutige Angelhaken, die, einander zugewandt, ein Herz formen.

Aus den kleinen, beiläufigen Grausamkeiten des Alltags wachsen die großen, pathetischen Grausamkeiten der Liebenden. Und dazu spielt ein Klavier und zieht Morgennebel wie Zuckerwatte um die bunten Hütten.

Originaltitel: SEOM

Südkorea 2000, 82 min
Verleih: REM

Genre: Horror, Liebe

Darsteller: Suh Jung, Yoosuk Kim

Regie: Kim Ki-duk

Kinostart: 21.02.02

[ Christian Seichter ]