Originaltitel: THE DEAD DON’T DIE

USA/S 2019, 105 min
FSK 16
Verleih: Universal

Genre: Horror, Komödie

Darsteller: Bill Murray, Adam Driver, Tilda Swinton, Chloë Sevigny, Steve Buscemi, Iggy Pop, Danny Glover, Tom Waits, RZA, Selena Gomez, Caleb Landry Jones, Rosie Perez, Carol Kane

Regie: Jim Jarmusch

Kinostart: 13.06.19

9 Bewertungen

The Dead Don’t Die

JJ und die wandelnden Leichen – ein Schaulaufen mortale

Man darf schon gelinde beeindruckt sein, wer sich hochzahlig in Jim Jarmuschs Zombie-Komödie traute, um größtenteils nicht wieder unbeschadet rauszukommen: echte Helden à la Bill Murray, Tilda Swinton, Chloë Sevigny, Steve Buscemi, Iggy Pop, Danny Glover, Tom Waits. Dazu neben brandheißen Ikonenanwärtern (Adam Driver, RZA) und Novizen, die irgendwann irgendwie irgendwas werden wollen – Selena Gomez, Caleb Landry Jones – ein paar fast vergessene Talente, deren beste Jahre bereits lange verstrichen (Carol Kane, Rosie Perez). Sie alle bevölkern eine Kleinstadt oder besuchen das herrlich muffig gemalte Kaff, es muß, Jarmusch-Entschleunigungs-Style halt, lediglich eine halbe Stunde verstreichen, dort die Toten hungrig aus ihren Gräbern steigen zu lassen. Apokalyptisch einleitend gehen zwei Damen mancher Innereien verlustig, die sonst kaum geforderten örtlichen Gesetzeshüter (drei!) verdächtigen gemeinschaftlich überfordert zuerst wilde Tiere.

Weitere 30 Minuten ticken opferlos voran, der verschwindend geringe Bodycount bereitet Gorejüngern Sorge, derweil Tilda Swinton ihre Umwelt als – Achtung, krachlederner Wortwitz! – Zelda Winston mit tonnenschwerem Akzent und übernatürlich rasantem Samuraischwertschwung verstört („She’s Strange!“ – „She’s Scottish.“). Jarmusch hingegen weiß der oft gefahrenen Zombieklasse abseits derartiger, zumindest atmosphärisch erstklassig transportierter und launig gemimter, Schräglage wenig wirklich neuen Antrieb hinzuzufügen. Zwischendrin vertreibt sich der Zuschauer daher die Zeit beim Aufspüren unzähliger Zitate, von eindeutigen, erwartbaren Reminiszenzen an NIGHT OF THE LIVING DEAD bis hin zur Frage, warum die hinterwäldlerische Dumpfbacke Frank Miller heißt: Gängiger-Name-Zufall? Oder Fingerzeig auf den kolportiert menschlich schwierigen „Sin City“-Autor?

Ziemlich eindeutig indes die Kopfbedeckung dieses Millers, ein Käppi mit „Make America White Again“-Forderung prangt auf vernageltem Schädel. Das ist, wie beispielsweise auch eine Horde nach Wi-Fi gierender Untoter, gleichzeitig nah an der Realität und plump bebilderte Schablonenmalerei, da nutzt Jarmusch zu korrekt-dicke Pinsel, und es bleibt letztlich offen, wozu solche Polemik außer ihrer selbst eigentlich dienen möchte. Ähnliches Schulterzucken angesichts Jarmuschs penetranten Willens, unablässig daran zu erinnern, daß wir nur einen Film sehen, nur einen Film: Die ungeschickt herbeigemühte Meta-Ebene nervt gewaltig.

Das verbliebene Drittel hindert’s gottlob nicht am kompletten Abdrehen, es wirft jede vornehme Zurückhaltung über Raumschiffbord, rast direkt rein in Szenen, welche Romero-Klassikern früher zur Beschlagnahme verhalfen, mixt düstere Melancholie und hypnotischen Irrsinn. Und unterhält ohne viele ausgerissene Genre-Bäume gut genug, um Neugier darauf zu wecken, was Jarmusch nach dem Vampir-Liebesdrama ONLY LOVERS LEFT ALIVE und vorliegendem Zombie-Gesellschaftssatire-Polit-Kommentar-Lustspiel demnächst anpackt. Eventuell ein Werwolf-Musical? Einen Ghul-Western? Oder einen Geister-Mockumentary-Erotik-Krimi? Es geht noch einiges!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...