Originaltitel: FORUSHANDE

F/Iran 2016, 125 min
FSK 12
Verleih: Prokino

Genre: Drama

Darsteller: Shahab Hosseini, Taraneh Alidoosti

Regie: Asghar Farhadi

Kinostart: 02.02.17

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The Salesman

… oder besser: Die Mieterin

Kino aus dem Iran bedeutet selbst für über Gebühr neugierige Cineasten zumeist nur jenes, das es auf hiesige Leinwände schafft. Festivalgänger haben ein paar Filme Vorsprung und ihre Panahis, Makhmalbafs oder Kiarostamis seit Jahren auf dem Schirm. Für ein Land, dessen Produktion bis zu 100 neue Werke jährlich aufweist, sicher zu wenig. Leichtfertig über Qualität, Zensur und Anspruch zu richten, wäre aber töricht.

Asghar Farhadi spielt in einer eigenen Liga, was die Wahrnehmung außerhalb seiner Heimat betrifft. Es mag an den Themen liegen, seinem prägnanten Vermögen, über faszinierende Charaktere universell zu erzählen und trotzdem iranisch „genug.“ Farhadi kann sich aussuchen, wo er arbeitet – daheim oder international. Und nach dem Sichten von THE SALESMAN stellt sich die gleiche Faszination ein wie zuvor schon bei NADER UND SIMIN oder LE PASSÉ. Der 46jährige ist ein ganz Großer, der dem Leinwand-Weltkanon eine eigene Stimme zu schenken vermag.

Das Haus droht einzustürzen! Abrißarbeiten im wildwüchsig prosperierenden Teheran sind der Grund dafür, daß die Eheleute Emad und Rana eine neue Bleibe brauchen. Übergangsweise finden sie eine Wohnung durch Vermittlung eines Theaterkollegen. Allerdings: Die Vormieterin hat ihre Habseligkeiten noch nicht abgeholt. Sie wird es den gesamten Film über nicht tun. Daß er mit DIE MIETERIN einst den besseren, dann aber durch Farhadi selbst gestoppten deutschen Verleihtitel hatte, sei erwähnt.

Die ferne Frau ist stets präsent. Sei es durchs hintergründige Getuschel der Nachbarn oder durch eben diesen Vorfall, der das Paar aus den Grundfesten ihrer Beziehung zu reißen droht: In der Annahme, es sei Emad, der unten an der Haustür klingelt, drückt Rana den Knopf der Schließanlage und geht duschen. Als Emad dann wirklich nach Hause kommt, viel später als gedacht, ist Blut auf der Treppe, Blut im Bad. Seine Frau fehlt. Im Krankenhaus wird er sie finden, und in einer für uns so fremd anmutenden Mischung aus verletztem Stolz, bedrohter Ehre und Neugier wird Emad nun selbst die Fährte aufnehmen, um herauszubekommen, was an diesem Abend geschehen ist.

THE SALESMAN bedarf keiner großen Inhaltsbeschreibungen. Im Gegenteil: Sie würden nur die Lust auf diesen in Teilen atemlos machenden, weil so präzise inszenierten und gespielten, Gegenwartsfilm killen. Aus dem Iran, ja! Dann aber wiederum auch nicht ...

[ Andreas Körner ]