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Weiße Lilien

Kränkelndes Psychogramm des neuen Menschen

Eine freundliche Stimme teilt Hannah unter der Dusche mit, daß ihr Wasserkontigent für heute erschöpft sei. Die mit einer fast anachronistischen, durchscheinenden Schönheit gesegneten Frau um die Dreißig lebt in Neustadt. Dieser Ort wird überall von virtuellen Grenzen beherrscht, die nur mit einem persönlichen Zugangscode überwunden werden können, dazu ist sie hierarchisch strukturiert. Es gibt die einfachen Arbeiter, die sich dann auch nur in den unteren Etagen der riesigen weißen Wohnblöcke eine Wohnung leisten können, während die Führungsriege in Penthouse-Apartments residiert. Hannah arbeitet im Callcenter des stadteigenen Sicherheitsdienstes. Ihr Freund arbeitet als Security für die Sicherheit in den Häusern. Die permanente Überwachung hat aber bereits ihre Spuren hinterlassen. Die Menschen sind erkaltet, an der Grenze zum Wahnsinn. Die Abwesenheit des "Einzelmenschen" hat sie zu cyborgartigen Wesen werden lassen. So jedenfalls suggerieren es die Dialoge, die Regisseur Christian Frosch seine Protagonisten eher aufsagen, denn interpretieren läßt.

Frosch hat sich ein großes Thema vorgenommen. Der Verlust der Identität, der mit der zunehmenden Ausbreitung eines politisch gewollten Datenerfassungswahns einhergeht und durch die rapide wachsenden Möglichkeiten der biometrischen Technologie jedes Science Fiction Szenario in greifbare Nähe rücken läßt, schreit förmlich nach medialer Bearbeitung. Der Regisseur versucht angestrengt alle daran anknüpfenden Probleme zu benennen: die Ausgrenzung vermeintlicher Gegner des Staates, Immigrationspolitik, die Veränderungen der sozialen und architektonischen Strukturen, die mit dem Sicherheitsheilsversprechen einhergehen und mit ihrer Ideologie des "neuen Menschen", der nun zum gläsernen wird, verdächtig vertraut scheinen.

Nur scheitert das Filmexperiment an dem allzu Bekannten. So bedient sich Frosch vor allem im letzten Drittel einer Portion SHINING, jeder Menge Lynch und versucht so das anstrengende Drama in Richtung eines Psycho-Terror-Politikthrillers zu drehen. Dazwischen noch viele Szenen, die als Hochglanz-Dessouswerbung durchgehen: Brigitte Hobmaier präsentiert den neuen Nude-Look. Dann geht sie weihevoll dahin und ergibt sich dem erlösenden Amoklauf.

Österreich/D/Luxemburg 2007, 96 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Drama

Darsteller: Brigitte Hobmaier, Johanna Wokalek, Martin Wuttke

Regie: Christian Frosch

Kinostart: 11.09.08

[ Susanne Schulz ]