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Young Victoria

Ach, ist der Rasen schön grün

Auch Königin Victoria, nach der man ja eine ganze Epoche des britischen Empires benannte, war vor ihrer Zeit als Monarchin ein Kind und ein Mädchen und eine junge Frau. Und all das als wandelnder Liebreiz reinsten Herzens. Zumindest ist das so in YOUNG VICTORIA, diesem Film royaler Frauenverehrung, der ein Bild eben dieser jungen Victoria zeichnet, als ginge es darum, sie noch einmal aufs Neue verheiraten zu müssen mit einer guten, also staatstragenden Partie. „Unsere“ Romy als goldige Sissi jedenfalls wirkt dagegen glatt wie ein teutonischer Trampel.

Wie auch immer: Mit 18 Jahren wird Victoria Königin von England. Und das trotz der dagegen intrigierenden Mutter, der Herzogin von Kent und deren Vertrautem Sir John Conroy, Nachlaßverwalter von Victorias früh verstorbenem Vater. Doch als Königin merkt Victoria sehr schnell, daß auch für ein taffes Mädel wie sie Staatsgeschäfte nicht die einfachsten aller Übungen sind. Aber: God Save The Queen! Und Gott macht es tatsächlich. Prinz Albert von Sachsen-Coburg soll am Londoner Hof eigentlich den Einfluß seiner Familie stärken, erliegt dabei aber flugs der lebensfrohen, hübschen Victoria. Und auch ihre Majestät wirft kecke Blicke auf den schneidigen, gleichwohl schöngeistigen (Schubert-Fan!) Albert.

Es rauschen die Roben, die Operettenuniformen blinken in sattesten Farben, die Männer tragen mächtige Schnauzer und imposante Koteletten, und die Kamera staunt so sanft, gleichmäßig und großäugig durch die Gänge in Kensington oder Buckingham Palace, als würde sie, gehalten von einem noch sehr jungen und deshalb entsprechend schwärmerischen Rolf Seelmann-Eggebert, auf Schlittschuhen dahingleiten. Alles ist Walzer in diesem Film. Alles ist Dreivierteltakt. Die guten Zeiten, wie die weniger guten. Und die Rasen in den Parks leuchten in jedem Fall immer schön grün.

Kann man sich anschauen. Zweifellos. Aber fragen darf man ja mal, warum einem das erzählt wird. Als Victoria-Bildnis ist der Film zu schmeichelhaft, als Zeitporträt zu wenig komplex und als Schnulze zu wenig tränenrührig. Bleiben Kostüme und Ausstattung, die vom Feinsten sind. Aber das sind sie, um nur mal zwei neuere Beispiele zu nennen, auch in Shekar Kapurs ELIZABETH oder Saul Dibbs DIE HERZOGIN. Zwei Filme, die zudem noch etwas mehr bieten, als Roben und Rasen.

Originaltitel: YOUNG VICTORIA

GB/USA 2009, 100 min
FSK 0
Verleih: Capelight

Genre: Biographie, Historie, Drama

Darsteller: Emily Blunt, Mark Strong, Thomas Kretschmann, Rupert Friend, Miranda Richardson, Jeanette Hain, Jesper Christensen, Jim Broadbent

Regie: Jean-Marc Vallée

Kinostart: 22.04.10

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.