Originaltitel: LE TRAIN DE VIE

F/Belgien/NL/Rumänien 1998, 103 min
Label: Sunfilm

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Lionel Abelanski, Rufus, Clement Harari

Regie: Radu Mihaileanu

Zug des Lebens

Hätte Roberto Benigni ZUG DES LEBENS vor seinem DAS LEBEN IST SCHÖN gesehen, wäre ihm klar geworden, daß man von der Katastrophe des Holocaust schon mit Humor, aber eben nicht ohne Subtilität erzählen kann. Benigni entschied sich für krawalligen Klamauk und bekam einen OSCAR, Radu Mihaileanu benahm sich klüger und schuf ein Meisterwerk.

Der Narr Schlomo überbringt die Kunde, daß sein Schtetl demnächst von den Nazis eliminiert werden soll. Was tun? Das unerkannte Cleverle kommt auf die Idee, sich einfach einige Uniformen, Waffen und einen Zug zu besorgen. Und wozu das Ganze? Logisch, um sich selbst zu deportieren! Natürlich soll die Route eher südöstlich als in Richtung Endlösung verlaufen: nach Palästina. Und auf geht’s ...

Radu Mihaileanu erzählt in höchstem Maße witzig vom vielleicht größten Unrecht der Menschheit. Er erspinnt sich eine Geschichte, auf die das Kino gewartet zu haben scheint: frech, schrullig, berührend, in manchen Szenen chaplinesk. Etwa, wenn dem ernannten Deportationschef beim Hitlergruß die Jackenärmel reißen und beim Deutschlernen nur bei allergrößter phonetischer Toleranz aus dem Fiehrer ein Führer wird. Wunderbar komisch auch, wenn jiddisch als eine Parodie der deutschen Sprache erklärt wird. Führen die Deutschen Krieg, weil die Juden sie parodieren?

Mihaileanu teilt ohne demagogischen Zeigefinger ordentlich aus, in alle Richtungen, und er behauptet kühn und weise, was Juden, Zigeuner, Christen, Deutsche und Franzosen in aller Unterschiedlichkeit verbindet: Menschsein. Die Schlußszene dieses meist bitter-komischen Films jedoch gehört zu den herzblutigsten, zu den erschütterndsten und in seiner alptraumhaften Wucht zu den kraftvollsten Momenten der Kinogeschichte.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.