Originaltitel: KURU OTLAR ÜSTÜNE

Türkei/F/D/S 2023, 198 min
Verleih: Eksystent

Genre: Drama

Darsteller: Merve Dizdar, Ece Bagci, Musab Ekici

Regie: Nuri Bilge Ceylan

Kinostart: 16.05.24

Auf trockenen Gräsern

Was im Inneren vor sich geht

An einer Provinzschule irgendwo im Osten Anatoliens leistet der Neulehrer Samet seinen Pflichtdienst ab. Es ist Winter, elendig kalt, die Landschaft tief verschneit. Abwechslung gibt es kaum, die Tage vergehen in Eintönigkeit. Einer der wenigen Lichtblicke in Samets Leben ist seine Schülerin Sevim. Das Verhältnis zwischen den beiden scheint herzlich. Und doch ist es Sevim, die zusammen mit einer Freundin plötzlich gegen Samet und einen seiner Kollegen schwerwiegende Anschuldigungen erhebt.

Der türkische Regisseur Nure Bilge Ceylan gehört zu den Großen des Autorenkinos. Seine berühmtesten Filme (ONCE UPON A TIME IN ANATOLIA, WINTERSCHLAF, DER WILDE BIRNBAUM) knacken lässig die Drei-Stunden-Länge. Und das bei einem Minimum an äußerer Handlung.

Vor dem, was man gemeinhin „Plot“ nennt, ziehen sich Ceylans Filme geradezu zurück; hin in einen – wörtlich zu nehmen – Zustand. Oder besser: die geduldige Beobachtung eines Zustandes. Oder noch besser: in das Erkunden dessen, „was im Inneren vor sich geht, jenseits des Sichtbaren.“

In AUF TROCKENEN GRÄSERN fällt dieser Halbsatz einmal, und er beschreibt treffend das Wesen dieses Films. 198 Minuten geht der. Viel passiert nicht, aber was passiert und wie es sich zeigt, vermag in einen Zustand höchster Aufmerksamkeit zu versetzen. Für die subtile innere Spannung in den Bildern, die seelischen Verstrickungen der Figuren, die mitschwingenden politischen Nuancen. Und wie in alldem dieser eine leise gesprochene Satz hallt: „Die Hoffnung macht müde.“ Hellwach ist man da!

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.