D 2019, 110 min
FSK 12
Verleih: Universum

Genre: Drama

Darsteller: Tim Oliver Schulz, Luise Befort, Jürgen Vogel

Regie: Felix Binder

Kinostart: 14.02.19

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Club der roten Bänder – Wie alles begann

Überraschend berührend

Es sind seltsame Zeiten, in denen just sogenannte „Qualitäts-Serien“ auf Streaming-Diensten erzählerisch überprozentual oft jene Versprechen erfüllen, wegen derer man ja eigentlich ins Kino gehen sollte. Und da reden wir noch gar nicht davon, daß so dieser und jener Kinomeister inzwischen gleich für besagte Streaming-Dienste sein jeweils neues Werk dreht. Ob all das nur eine Phase ist oder ein tieferer kultureller Umbruch, mag die große Frage sein. Und ob mit oder ohne Kulturpessimismus: Selbst als echter Kinoliebhaber kommt man nicht umhin zu registrieren, daß formal wie inhaltlich das substantiellere Erzählen momentan weit eher auf dem Bildschirm als auf der Leinwand stattfindet.

Noch seltsamer wird die ganze Sache aber, wenn eine TV-Serie plötzlich ein Kino-Prequel bekommt. Und zwar keine jener Serien aus den bekannten Qualitätsschmieden, sondern eine aus dem Einfältigkeits-Gemüsegärtchen deutschen Privatfernsehens. Womit man bei der größten aller Seltsamkeiten wäre: CLUB DER ROTEN BÄNDER ist als TV-Produkt weder so einfältig noch als Kinofilm so überflüssig, wie man kulturpessimistisch gestimmt glauben könnte. Erzählt wird von einer Gruppe unterschiedlichster Teenager – und zwar von deren Alltag in einem Krankenhaus, in dem sie als Patienten allesamt einen längeren Zeitraum zubringen müssen. Eine Zwangsgemeinschaft, die zur verschworenen Gemeinschaft wird. Sechs Jugendliche, die, mitunter auch zwischen Leben und Tod balancierend, fest entschlossen sind, ihrem zerbrechlichen, von der Normalität losgelösten Dasein Sinn, Zusammenhalt und eben auch Normalität abzuringen.

In Felix Kinders Prequel werden diese Sechs (fünf Jungen, ein Mädchen) in locker geknüpften Parallelsträngen vorgestellt. Was in der Serie eher Hintergrund war, rückt nun stärker ins Blickfeld: Die unmittelbare Zeit vor der Zeit im Krankenhaus, da vor allem die jeweiligen Familiensituationen, die sich in jedem der sechs Fälle als Schein-Normalitäten zwischen Lebenslügen und Überforderung entpuppen.

Eine interessante Setzung: krank im Krankenhaus zu einer Tiefe und Reife zu gelangen, die „draußen“ so nicht existiert. Daß das gerade auch mit Blick auf die guten Jungdarsteller formal wieder nach altbackener TV-Routine aussieht, ist ob dieser überraschend berührenden Geschichte umso bedauerlicher.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.