Originaltitel: THE HUMAN STAIN

USA 2003, 108 min
Verleih: Concorde

Genre: Literaturverfilmung, Drama

Darsteller: Anthony Hopkins, Nicole Kidman, Ed Harris, Gary Sinise

Regie: Robert Benton

Kinostart: 18.12.03

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Der menschliche Makel

An der Oberfläche eines Romans

In Amerika war 1998 das Jahr der Moral, des Präsidenten und seiner Praktikantin. Auch das Athena College erlebt moralische Entrüstung.

Coleman Silk, Professor für griechische Literatur, wird wegen einer falsch gedeuteten Bemerkung zum Rassisten gestempelt und von den Kollegen fallen gelassen. Kurz darauf erliegt seine Frau einem Herzinfarkt. Silk ist überzeugt, daß die ungeheuerlichen Vorwürfe zu ihrem Tod führten und bittet Nathan Zuckerman, seine Geschichte für die Öffentlichkeit niederzuschreiben. Der Schriftsteller wird Silks Freund und wie schon im gleichnamigen Roman von Philip Roth zum Chronisten der Ereignisse. Die Bekanntschaft der beiden Herren sorgt für den schönsten Moment in Robert Bentons Literaturverfilmung: Silk und Zuckerman tanzen miteinander - anfangs etwas unsicher, dann aber mit voller Hingabe. Diese Intensität, diese Aussagekraft erreicht der Film in keiner anderen Szene.

Im Zentrum steht ein zweiter Skandal: die tragische Affäre des Professors mit der fast vierzig Jahre jüngeren Putzfrau Faunia. Er entdeckt mit Viagra seine Libido wieder, sie versucht, den Tod ihrer Kinder und den gefährlichen Ex-Mann zu vergessen. Doch Nicole Kidman ist für diese Putzfrau einfach zu schön, um wahrhaftig zu sein, sie hält sich zu gerade für die riesige soziale Kluft. Ähnlich schwer trägt ihr Filmgeliebter Anthony Hopkins an der Biographie seines Silk. Er stammt aus einer afroamerikanischen Familie, verheimlicht seine Herkunft und wird für einen Juden gehalten. In Rückblenden spürt der Regisseur diesen abgeschnittenen Wurzeln bis in die 40er Jahre nach, deutet Konflikte und ethnische Vorurteile dieser Zeit an. Doch nichts will zu Hopkins und der Gegenwart passen.

Genau dort, wo Roths Buch die amerikanische Illusion, sich neu erfinden zu können, bis in die Tiefen auslotete, muß der Film an der Oberfläche ausharren - als kantige Romanze mit politischen Implikationen. Die Sprache des Romans legt Silk nicht endgültig auf einen Typ und eine Hautfarbe fest, sie läßt sein Gesicht auf jeder Seite neu entstehen. Und das kann selbst der wunderbare Anthony Hopkins nicht leisten.

[ Sylvia Görke ]