Originaltitel: RUMBA LA VIE

F/Belgien 2022, 103 min
FSK 6
Verleih: Neue Visionen

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Franck Dubosc, Louna Espinosa, Jean-Pierre Darroussin, Catherine Jacob

Regie: Franck Dubosc

Kinostart: 22.06.23

7 Bewertungen

Die Rumba-Therapie

Harter Hund im Wechselschritt

Eine zitternde Frauenstimme bekennt, ohne ihren Geliebten nicht existieren zu können, im Saaldunkel wird bereits verstohlen geseufzt – da raubt ein Kameraschwenk hin zum laufenden Fernseher rüde jede romantische Illusion. Nein, das ist kaum Ihre typische Komödie der Herzen. Mit Letzteren hat sie allerdings trotzdem irgendwie zu tun, denn Tony, der gerade pikiert den Sender wechselte, bricht wenig später zusammen, die Pumpe versagte. Der Kardiologe – Autor Michel Houellebecq im hinreißenden Gastauftritt – neigt zum verstörenden Blickwinkel, von einer robusten Krankenschwester unterstützt: „Der Patient ist letzte Nacht gestorben. Aber seine Blutwerte waren gut!“ Saugen Sie eben entsetzt die Luft zwischen den Zähnen ein?

Tony, erfolgreicher ärztlicher Suggestion bezüglich baldigen Todes verfallen, klingelt derweil bei seiner einst verlassenen Ex Carmen, welche nicht nur heißt wie Bizets Vollweibverführung, sondern zudem optisch einiges zur adäquaten Präsentation tut, zwecks Haarverwehung scheinbar im Haus installierte Windmaschine inklusive (eventuell powert auch bloß die Klimaanlage zu heftig). Eine unbekannte Tochter namens Maria kommt plötzlich ins Spiel, der bisherige Rabenvater will Wiedergutmachung üben, sucht die Tanzlehrerin auf und durchpflügt zunächst ein Meer aus wackelnden Hintern. Natürlich lediglich die erste Hürde auf dem Weg. Reißen die hoch entschlossen absolvierten Tanzstunden mit der Nachbarin etwas?

Lehnen Sie sich bitte entspannt zurück, fortan soll aus Tony ja ein Musterpapa werden; und wer ernsthaft fragt, ob das klappt, geht in die stille Ecke, sofort. Wobei Regisseur, Autor und Hauptdarsteller Franck Dubosc ein austariertes Gleichgewicht gelingt: Kein Geständnis-Umarmung-Tränenfülle-Spontanannäherungs-Quark nervt, kein Verbitterung-Vorwurf-Geschrei-Gedöns grölt, Maria begegnet dem ad hoc aufploppenden Erzeuger erwachsen. Etwas verhalten emotional vielleicht, der Film hat sämtliche Schritte, das Handwerk bestens gelernt, der Kameramann zeigt hohes Gespür für seinen Job, das Ensemble harmoniert – am Gefühl dürfte man dagegen schon schrauben.

Aber sogar hier weiß Dubosc schließlich zu überzeugen: Wenn Carmen final ein Lied singt, dem man ewig zuhören möchte, und Tony dazu eine nicht unbedingt brandheiße, indes umso innigere Sohle aufs Parkett legt, beglückt sie eben doch – die Komödie der Herzen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...