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Hope (2007)

Zwischen Eigenständigkeit und Kopie eines Meisters

Als Krzysztof Kieslowski im März 1996 starb, hinterließ er nicht nur eine unschließbare cineastische Lücke, sondern auch das geistige Szenario einer Trilogie. Während er das Skript zu deren brillantem Beginn HEAVEN gemeinsam mit seinem langjährigen Co-Autor Krzysztof Piesiewicz schrieb, verfaßte dieser den völlig mit Symbolik zugepflasterten Mittelteil WIE IN DER HÖLLE dann allein – ebenso wie den nun vorliegenden Abschluß HOPE. Was man allerorts bemerkt.

Wieder werden einige von Kieslowskis Lieblingsthemen aufgegriffen, so zum Beispiel ein Protagonist, welcher sich selbst am Rand der Gesellschaft positioniert. Diesmal lernen wir also Franciszek kennen, den jungen Mann mit traurigem Blick und Kindheitstrauma. Er isoliert sich emotional, betrachtet die Welt am liebsten durch das distanzierte Auge einer Videokamera. Als Franciszek den Diebstahl eines Altarbildes filmt, ruft er nicht die Polizei, sondern verlangt vom Täter bloß die Rückgabe des Kunstobjektes. Was den Verbrecher zur brutalen Gegenwehr nötigt ...

So schlichte wie starke Bilder, die nonverbale Kommunikation über Gesten oder Musik, gemäßigtes Tempo: Vieles erinnert hier stark an Kieslowskis Œuvre, zumal Regisseur Stanislaw Mucha ganz eindeutig vom Geist des Meisters beseelt inszeniert. Leider kann sich aber Piesiewiczs Drehbuch erneut nicht von Überfrachtungen befreien, und natürlich bieten sich diese in Form religiöser Zitate oder entsprechender Metaphorik auch geradezu an.

Somit erweisen sich nicht der vielleicht naiv zu nennende Glaube an Gerechtigkeit und Humanismus, die überall propagierte titelgebende Hoffnung, als Grund dafür, daß man einer stilistisch fast perfekten, inhaltlich aber eher mäßigen Kopie eines Werkes von Kieslowski beiwohnt. In ihrem Bemühen, vermeintlich manifestierte menschliche Grundzüge wie Gut und Böse stets zu hinterfragen, greift sie auf Metaphysik oder Figuren wie einen plötzlich auftauchenden, nur zu deutlich als Racheengel interpretierbaren Killer zurück.

Doppeldeutigkeit entsteht folglich aus Brachialitäten, welche Kieslowski eben niemals nötig hatte und die darum kaum in seinem Sinne gewesen sein dürften.

Originaltitel: NADZIEJA

Polen/D 2007, 101 min
Verleih: Pandora

Genre: Drama

Darsteller: Rafal Fudalej, Kamilla Baar, Wojciech Pszoniak, Zbigniew Zapasiewicz

Regie: Stanislaw Mucha

Kinostart: 31.01.08

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...