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Lepel

Liebe Eltern verzweifelt gesucht

Löffel ist ein seltsamer Name für einen Jungen, oder? So aber wird der knopfäugige, siebenjährige Rechenmeister von Großmutter Koppenol genannt, schließlich sei dies ein guter alter Name. Sie erklärt Löffel auch, daß seine Eltern im Ballon die Welt umkreisen. Wann sie wiederkehren, weiß niemand. Bis dahin muß der Junge nicht nur Tausende von Knöpfen nach Farben sortieren und den Haushalt in Schuß halten, während die rabiate Großmutter Cocktails schlürfend vor dem Fernseher sitzt. Sie macht ihn auch zum Komplizen bei ihrem räuberischen Tagewerk. Dies ändert sich, als Löffel versehentlich im Kaufhaus Broer eingeschlossen wird. Er begegnet der Ausreißerin Pleun und wohnt fortan im Pulloverregal. Doch die Sehnsucht nach seinen Eltern ist groß. Schon bald erfährt er die traurige Wahrheit über Koppenol und seine Eltern. Seine neuen Freunde - Pleun und der gutmütige Kaufhausangestellte Max - stehen Löffel bei und helfen ihm bei der abenteuerlichen Suche nach einer neuen Familie.

Was machen die Holländer in letzter Zeit nur mit ihren Kinderfilmen? WEITER ALS DER MOND erschütterte mit dramatischer Tiefe selbst Erwachsene. Auch LEPEL, holländisch für Löffel, bürdet seinem schmalschultrigen Helden eine unbarmherzige Last auf, zu der sonst nur Charles Dickens fähig wäre. Der Junge schuftet für seine vermeintliche Großmutter, die Eltern hat er seit Jahren nicht gesehen, und auch seine genialen Rechenkünste nutzen ihm wenig. Löffels hartnäckiger, fast schon trotziger Wunsch, endlich von einer Mutti zugedeckt zu werden, treibt auch dem härtesten Halunken Tränen in die Augen, ganz zu schweigen vom doppelten Finale, in dem raffiniert Klischees einer "Wunschfamilie" verdreht werden.

Trotz all dieser Ernsthaftigkeit bewegen sich die Darsteller in einer phantasievollen Welt zwischen Traum und Wirklichkeit. Hier sind Trabis die einzigen Fahrzeuge, und Felder stehen grundsätzlich in goldgelber Blüte. Selbst der heimliche Wunsch vieler Kinder, eine Nacht in einem Kaufhaus zu verbringen, geht - zumindest auf der Leinwand - in Erfüllung. Mit skurrilem Humor und einer angemessenen Prise Slapstick wird Löffels bewegende Geschichte immer wieder aus dem Lot gebracht, die wunderbaren Darsteller sorgen für die Bodenhaftung. Das geht zu Herzen, macht uns fiebern, seufzen und schmunzeln. Einfach hinreißend!

Originaltitel: LEPEL

NL/D 2004, 90 min
Verleih: Atlas

Genre: Drama, Kinderfilm

Darsteller: Joep Trujen, Loes Luca, Carice van Houten

Regie: Willem van de Sande Bakhuyzen

Kinostart: 20.10.05

[ Roman Klink ]