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Mad Hot Ballroom

Leichtfüßiger Balsam für die Seele

Sie wohnen alle in New York, besuchen die fünfte Klasse und entstammen den unterschiedlichsten sozialen Verhältnissen. Trotzdem vereint die Kinder, um welche es hier geht, die gemeinsame Teilnahme an Tanzprojekten ihrer Schulen. Zehn Wochen lang werden nach Unterrichtsende Rumba, Tango, Swing oder Merengue geübt. MAD HOT BALLROOM hat die kleinen Nachwuchstalente dabei begleitet.

Anfangs treten sie sich noch ständig gegenseitig auf die Füße; wer schon von seiner Nanny bestimmte Schritte kennt, hat strategische Vorteile, armen Schichten angehörende Kinder müssen fleißiger üben. Auch sonst ist die Problempalette weit gefächert: Während sich manches Mädchen um Gewalt und Mißbrauch sorgt, bereitet einigen Jungen die Benutzung eines Deos Kopfzerbrechen. Teilweise hört man offensichtlich ihre Eltern aus den Halbwüchsigen sprechen, andere Meinungen entpuppen sich als unverwüstliche Klassiker unter Heranwachsenden – "Mädchen sind doof!"

Damit wäre für den bei Dokumentationen wichtigen gesellschaftlichen Rahmen gesorgt, welchen es durch Humor und Intelligenz zu füllen gilt. Dies gelingt mittels wunderbarer Details, so etwa die Ratlosigkeit eines pummeligen Knaben, der plötzlich ohne Partnerin im Raum steht. Oder eine Lehrerin, die wegen ihrer Rührung nicht mehr mit dem Kamerateam reden kann. Schier den Bauch halten möchte man sich, wenn ein vorwitziger Bursche spontan seine Ansicht ändert und die innere Schönheit der Mädchen preist, oder angesichts des offensichtlichen Mißmutes eines kleinen Tänzers mit Blick auf die unerwünschte junge Lady, welche ihn per Damenwahl erkor. Quasi unbemerkt und nebenbei wachsen die ehemaligen Linksfüßler zu wahren Profis heran; echte, meist zu früh erwachsen gewordene Persönlichkeiten waren sie immer schon.

Klar mag der Ansatz, alle Probleme wegzutanzen und auf diesem Weg "für das Leben zu lernen", sehr naiv sein, doch offensichtlich funktioniert er ja. Und natürlich ist es keine Überraschung, welches Team am Ende den alljährlichen Wettbewerb gewinnt. Doch solche Kleinigkeiten prallen an diesem klugen, rührenden und unglaublich witzigen Film einfach ab. Wer als Zuschauer die hier offerierte Einladung zum Tanz ausschlägt, stellt sich darum selbst ein Bein.

Originaltitel: MAD HOT BALLROOM

USA 2005, 105 min
Verleih: X Verleih

Genre: Dokumentation, Musik

Darsteller: Tara Devon, Gallagher, Madeleine Hackney, Rodney Lopez, Victoria Malvagno, Stacee Mandeville

Regie: Marilyn Agrelo

Kinostart: 27.10.05

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...