Originaltitel: MISS BALA

Mexiko 2011, 113 min
FSK 16
Verleih: Fox

Genre: Drama, Polit

Darsteller: Stephanie Sigman, Noé Hernandez, James Russo

Stab:
Regie: Gerardo Naranjo
Drehbuch: Gerardo Naranjo

Kinostart: 18.10.12

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Miss Bala

Die Schöne und der Krieg

Drogenkrieg. Ein schwammiges Wort, bezeichnet es doch sowohl den allgemeinen, meist staatlich geführten Kampf gegen den Drogenhandel, wie ihn etwa Steven Soderberghs Meisterwerk TRAFFIC an mehreren Fronten beschreibt, als auch die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Kartells und Polizei. Letztere Konflikte nahmen in den letzten Jahren gerade in Südamerika immer wieder so extreme Züge an, daß tatsächlich bürgerkriegsähnliche innerstädtische Schlachten an der Tagesordnung sind. In eine solche kriegsähnliche Situation gerät in Gerardo Naranjos drittem Langfilm Laura, die eigentlich nur in die Stadt fährt, um sich und ihre beste Freundin für den örtlichen Schönheitswettbewerb anzumelden. In einem Club gerät sie in eine Schießerei und anschließend in die Hände des Kartell-Bosses Lino.

Ein Alptraum, den Naranjo erschütternd real zu bebildern weiß. Die Kamera bleibt immer nah dran an seiner fortan stetig in Lebensgefahr schwebenden Protagonistin und löst damit beim Zuschauer immer wieder horrorähnliche Angstzustände aus. Hauptdarstellerin Stephanie Sigman spielt die zerrissene junge Frau, die fortan zwischen der Glamourwelt des Beauty-Contests und der Front des Drogenkriegs pendelt, mit beeindruckender Würde, die einen die Passivität und Schwäche dieser schwierigen Figur immer wieder vergeben läßt.

Der exzellenten Regie und den sehr guten Darstellern steht leider ein unausgegorenes Drehbuch gegenüber, das immer wieder unnötige Fragen aufwirft und die Figurenmotivation an zu vielen Stellen nur vermuten läßt. Der Eindruck einer unfertigen, holprigen Handlung erklärt sich allerdings, wenn man die Entstehungsgeschichte des Films hört, die Naranjo kürzlich in einem Interview beschrieb: Zunächst sollte ein Film über die Gewalt im heimischen Drogenkrieg entstehen, und erst während der Drehvorbereitung fiel den Machern ein Zeitungsartikel in die Hände, in dem die Verhaftung einer Schönheitskönigin bei einer Drogenrazzia Thema war. Also wurde nachträglich alles auf diese neue, interessantere Hauptfigur umgeschrieben.

Handwerklich beeindruckend und bis zum Ende spannend ist der Arthouse-Thriller aus Mexiko trotz der erwähnten erzählerischen Mängel allemal, und den Namen Naranjo wird man in den kommenden Jahren, so Hollywood will, vielleicht in einem Atemzug mit Iñarritu, Cuarón und Del Toro hören können.

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...