Originaltitel: NUEVO ORDEN

Mexiko 2020, 88 min
FSK 16
Verleih: Ascot

Genre: Action, Thriller, Drama

Darsteller: Naian González Norvind, Diego Boneta, Mónica del Carmen

Regie: Michel Franco

Kinostart: 12.08.21

2 Bewertungen

New Order

Alles wird gut?

Nein, es wird nicht wieder alles gut, eigentlich wird gar nichts mehr gut. Auch wenn das die Protagonisten von NEW ORDER natürlich nicht wahrhaben wollen. Dabei hätte es der glücklichste Tag im Leben von Marianne und Victor werden sollen, einem jungen, strahlenden Paar aus der mexikanischen Oberschicht. Doch ihre Hochzeit im exklusiven Kreis der Reichen und Schönen wird jäh durch den Einbruch der harschen Wirklichkeit gestört. 

Erst bittet ein ehemaliger Angestellter um Geld für die anstehende Operation seiner Frau. Seine früheren Arbeitgeber lavieren zwischen Großzügigkeit und Genervtheit. Kurze Zeit später überfallen Demonstranten brutal die Villa. Auf den Straßen von Mexiko-Stadt wüten seit Tagen verzweifelte Aufständische; jetzt dringen sie auch in die abgeschlossenen Viertel der Reichen vor. Voller Wut lehnen sich die Menschen gegen die seit Jahrhunderten zementierte soziale Ungleichheit auf. Schließlich greift das Militär blutig ein und setzt seine ganz eigene Vorstellung von Ordnung durch. Die Fronten zwischen Gut und Böse, Arm und Reich sind da längst verwischt. Verlieren werden am Ende alle.

Schaut man sich die soziale Realität Lateinamerikas an, erscheint das Szenario, das Michel Franco in seiner bitteren Dystopie entwickelt, nicht weit hergeholt. Während ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung mehr hat, als je einer zum Leben braucht, verfügt die Mehrheit nicht einmal über das Notwendigste. Die politischen Entscheider sind so unfähig wie unwillig, daran etwas zu ändern. Stattdessen füllen Drogenkartelle das vom Staat dargebotene Machtvakuum. Menschen werden zerrieben zwischen ökonomischen Zwängen und den allgegenwärtigen Bedrohungen von Leib und Leben. 

NEW ORDER fokussiert auf die Explosion dieser gesellschaftlichen Spannungen: Der Gewaltspirale entkommt niemand. Trotzdem läßt einen das Schicksal der verschiedenen Protagonisten seltsam unberührt. Vielleicht, weil sie primär als Klassenangehörige porträtiert werden und weniger als Individuen. In seiner Analyse der Geschehnisse bleibt der Film dabei recht unscharf; die in Bild und Ton exzessiv gezeigte Gewalt kommt dem Selbstzweck nahe. Im Abspann hallen dann unbarmherzig militärische Trommelschläge, und der Titel eines abstrakten Gemäldes wird genannt, das mehrmals im Film zu sehen ist. Es faßt dessen nihilistische Grundstimmung gut zusammen: „Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.“

[ Dörthe Gromes ]