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Väter und andere Katastrophen

Altväterlich, aber keine Katastrophe

Der Anfang ist spitze: englisches Landgut, eine Trauergemeinde, allesamt distinguierte Upperclass, und mittendrin der frische Witwer. Bernard, ein so schwerreicher wie steifer Großindustrieller und exzessiver Zwangsneurotiker. Und ein Franzose, der es sich nicht nehmen läßt, selbst nach Jahrzehnten auf der britischen Insel kein Wort Englisch zu sprechen. Weshalb er auch zur Trauerfeier ununterbrochen einen bebrillten, schüchternen Assistenten bei sich hat, der nicht nur all die Beileidswünsche stoisch ins Französische übersetzt, sondern auch jedwedem vertraulichen Gespräch die Vertraulichkeit nimmt. Was insgesamt ein paar wunderbare Momente knochentrockener Komik ergibt. Auch weil François Berléand ein Schauspieler ist, der das herrlich auskostet, mit einem Mienenspiel und einer Gestik der kleinen, effektvollen Nuancen. An diesem Spiel nun erkennt man sehr gut, warum Martin Vallentes Film VÄTER UND ANDERE KATASTROPHEN unter seinen Möglichkeiten bleibt. Der Inszenierung nämlich fehlen genau diese Nuancen. Das Versprechen, das der Anfang dieser Komödie (und Berléands Performance) macht, wird nicht gehalten.

In seiner Trauer erinnert sich Bernard seiner Tochter Chloé. Das Kind, das ihm immer wieder Briefe schrieb, das Kind, Frucht einer jugendlichen Sommeraffäre, das kennenzulernen Bernard nie den Mut oder das Interesse hatte. Das will er jetzt ändern. Und so macht er sich auf die Reise nach Frankreich, wo er erst einmal nicht auf Chloé trifft, sondern auf Gustave. Ein Taugenichts mit großem Herzen. Der Mann, der einst Bernards Sommerliebe heiratete und mit dieser eine Tochter zeugte: Chloé. Zwei Alte, so gegensätzlich wie möglich und beide doch Käuze, die ein paar Lebensfehler gutzumachen haben. Die sich inkognito „ihrer“ Tochter nähern, welche kurz vor der Hochzeit mit einem Tennisstar steht, und die sich dabei in Situationen manövrieren, die eine schon kühne Story-Konstruktion ins Absurde treibt …

Doch was nach erstklassigem Boulevard klingt, wurde gemütlich und behäbig. Valente hakt Situationen und Pointen einfach nur ab. Ohne Tiefenschärfe bei den Charakteren. Und ohne Gefühl für die Tragik unter der Komik. Weil die Vibrationen des doppelten Bodens fehlen, bleibt dieser Film statisch und flach. Was das Zeug zur pfiffig-bissigen Komödie hat, geriet zu einer Gediegenheit, bei der man nicht immer genau sagen kann, ob sie nur altmodisch oder schon altbacken ist.

Originaltitel: UN JOUR MON PÈRE VIENDRA

F 2011, 99 min
FSK 0
Verleih: Camino

Genre: Komödie

Darsteller: François Berléand, Gerald Jugnot

Regie: Martin Valente

Kinostart: 03.05.12