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Grüne Wüste

Großartige Darsteller, klebriges Pathos

Die 14-jährige Katja ist eine Träumerin. Gemeinsam mit ihrem Freund Johann tobt sie durch den Wald, ihrer grünen Wüste, und sammelt zahlreiche Utensilien, die die Legende des tapferen Ritters Heinrich, der bis ans Ende seiner Kräfte um seine Geliebte gekämpft hatte, beweisen. Diese Abenteuerei hilft den Jugendlichen, die zerrütteten Zustände ihrer Familien zu vergessen. Johanns Vater hat seine krebskranke Frau vor Jahren verloren und ist als Kneiper auf dem Weg, sein bester Kunde zu werden.

Katjas Mutter fühlt sich von ihrem weicheiigen Mann abgestoßen und geht ein Verhältnis mit Johanns Vater ein. Allein die Vorstellung, daß Johann ihr Bruder werden könnte, wenn ihre Mutter sich mit seinem Vater verheiraten würde, ist Katja ein Grauen. Mit dem Verlust ihres Freundes würde für das phantasievolle Mädchen alles wegbrechen. Auf Grund eines lapidaren Nasenblutens muß Johann eines Tages zur Untersuchung ins Krankenhaus. Die Diagnose: Leukämie...

Anno Saul war zwar generell gut beraten, keiner Zielgruppenhysterie zu verfallen und siedelte seine emotionale Geschichte daher irgendwo zwischen Jugendfilm und Familiendrama an. Allerdings entwickelt sich diese kühne Unentschlossenheit zum formalen Desaster. Saul giert nach großen Bildern - völlig dysfunktional zum Kammerspiel seiner Figuren - und stolpert damit gehörig. Permanent schnurrende Streicher und nervig klimpernde Klavierpartituren - hoch und runter - kleistern das an sich ergreifende Schicksal derart zu, bis nix mehr geht, und schlichte Ablehnung und Langeweile sich breit machen. Warum vertraut er nicht seinen großartigen Jungdarstellern?

Die zusätzlich ausgewalzte Eltern-Geschichte ist letztendlich auch zu viel für das zarte Geflecht einer potentiellen Beobachtung über die Schwierigkeit, erwachsen zu werden. Stille wäre hier das magische Mittel gewesen. Vielleicht aber ist Saul einfach nicht der große Leinwand-Impressario. Im Fernsehen gehen solche pathetischen Ausrutscher noch durch, im Kino wird’s dann eher peinlich. Schade drum.

D 2000, 93 min
Verleih: Lichtmehr

Genre: Erwachsenwerden, Drama

Darsteller: Tatjana Trieb, Robert Gwisdek, Heino Ferch, Martina Gedeck

Regie: Anno Saul

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.